Er antwortet mit einem eindeutigen „Ja“. Ja, es gibt mehr Parteieintritte (plus 50 in einem Monat, seitdem Martin Schulz am 24. Januar seine Kanzlerkandidatur angekündigt hat), und ja, die Menschen sind stärker politisiert. Pantazis macht in diesem Zusammenhang eine klare Entwicklung aus: In dem Maße, in dem Flüchtlinge nach Deutschland kamen, habe die SPD eine Zunahme von Zuschriften registriert. „Viele unschöner Art“, sagt Pantazis. Dies habe sich schrittweise gewandelt und sei im März 2016 abgeebbt. „Nun erreicht uns endlich eine Welle, die positiv ist“, freut sich Pantazis. „Politik kümmert sich um uns, auch wenn wir uns nicht um Politik kümmern“ – dies sei vielleicht die Einsicht, die dahinterstehe.
Bevor Sigmar Gabriel den Platz für Martin Schulz räumte, hätten die Zeichen eher auf Stillstand gestanden. Der Anti-Trump-Effekt sei eigentlich schon im November wieder vorbeigewesen, gegenüber dem Thema Kanzlerkandidatur hätte sich eine eher fatalistische Haltung breitgemacht. Deshalb freut es ihn, dass sich bislang eher passive Sozialdemokraten wieder zu Wort melden, sich angeboten haben beim Bundestagswahlkampf für Martin Schulz zu helfen. Martin Schulz habe die Glaub- und Vertrauenswürdigkeit, die es jetzt brauche, und der SPD tue es gut, sich stärker vom großen Koalitionspartner CDU abzugrenzen, einen eigenständigen Weg zu gehen und sich auf ihre Kernkompetenzen zu besinnen. „Der Wechsel war notwendig“, sagt Pantazis und freut sich über die positive Dynamik.
CDU-Kreisgeschäftsführer Henrik Grotjahn:
Von einem Mitgliederzuwachs hat die CDU auf Braunschweiger Ebene nicht profitiert. „Leider“, sagt Grotjahn, „ich finde das etwas schade.“ Rund 1000 Mitglieder – um diese Marke herum hält sich der Kreisverband. Anders sieht es im Land aus. Nachdem Dr. Bernd Althusmann im November 2016 als Spitzenkandidat der CDU für die Landtagswahl nominiert worden ist, hätte es nachfolgend rund 1000 Parteieintritte gegeben.
Hans-Georg Hartwig (Die Linke), Fraktionsmitarbeiter und Mitglied des Landesverbandsvorstandes:
Einen „signifikanten Zuwachs“ verzeichnet Die Linke seit den vergangenen sechs bis neun Monaten – zumindest auf Landesebene. Bereinigt um Austritte, Wegzug oder Todesfälle bleibt ein Plus von 450 neuen Mitgliedern (gegenüber 200 im Vergleichszeitraum). Kein Spitzenkandidat, sondern die politische Großwetterlage sei wahrscheinlich der Grund dafür. Vieles, sagt Hans-Georg Hartwig, sei den Menschen derzeit unheimlich. Da ist der neue US-amerikanische Präsident Trump, da sind Bedenken bezüglich der AfD, da sind die Spannungen zwischen Russland und der Nato, da waren die Diskussionen um das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP. „All das scheint eine Gegenmobilisierung auszulösen“, meint Hartwig. Eine Entwicklung, die aus seiner Sicht erfreulich ist, weil sie zeigt, dass Menschen sich wieder mehr für Politik interessieren und sie auch gestalten wollen. Und noch etwas ist auffällig: Es sind die eher noch jüngeren Menschen zwischen 20 und 40, die sich neuerdings für Parteipolitik interessieren.
Mathias Möller, stellvertretender Vorsitzender der FDP Braunschweig und zuständig für die Mitglieder- und Interessentenbetreuung:
„Es ist auf jeden Fall ein positiver Trend erkennbar“, schreibt er auf unsere Anfrage. In den ersten zwei Monaten des Jahres 2017 habe die FDP bereits zwei neue Mitglieder aufgenommen und stehe darüber hinaus momentan zusätzlich im Gespräch mit drei weiteren Interessenten, deren Aufnahme kurz bevorstehe. „Für das Jahr 2017 haben wir selbst uns einen Mitgliederzuwachs von 20 Personen als Ziel gesetzt und halten dieses aufgrund der momentanen Situation und Stimmung auch für realistisch“, kündigt Möller an. Insgesamt scheint die Mitgliederentwicklung der FDP sich im Aufwind zu befinden. 2015 endete unter dem Strich mit einem Mitgliederverlust (minus vier), 2016 mit einem Plus von acht neuen Mitgliedern.
Andreas Hoffmann, Geschäftsführer beim Kreisverband Braunschweig von Bündnis 90/Die Grünen:
Auf die Frage, wie es mit dem bundesweiten Trend zur Politisierung in Braunschweig aussieht, sagt er: „Bei uns schlägt das noch nicht voll durch.“ Keine Höhenflüge also, aber es tut sich trotzdem etwas. Erst in den vergangenen zwei Tagen seien zwei neue Mitglieder aufgenommen worden, das macht vier neue Mitglieder seit Jahresbeginn und damit mehr als sonst in einem Januar und Februar. „Seit der Wahl von Donald Trump und der Urwahl unseres Spitzenduos im vergangenen Jahr fanden insgesamt zehn neue Mitglieder den Weg in unsere Partei“, sagt Hoffmann.