Braunschweig. „Sisyphosarbeit ohne Alternative“, nannte Oberbürgermeister Ulrich Markurth den Einsatz Joachim Hempels für Respekt und Toleranz – für eine bessere Welt. Wolfenbüttels Landrätin Christiana Steinbrügge (links) verlieh dem Domprediger im Ruhestand dafür gestern das Bundesverdienstkreuz. Sie betonte, dass Joachim Hempel den Menschen vermitteln kann, Afrika nicht nur als Problemkontinent und Fluchtursache zu begreifen. Hempel, der in Wolfenbüttel wohnt, wollte die Auszeichnung aber lieber in der Nähe „seines“ Domes erhalten. Das Braunschweiger Altstadtrathaus bot sich da an.
„Ohne Gisela wäre vieles nicht geworden“, sagt Joachim Hempel mit liebevollem Blick auf seine Ehefrau in der ersten Reihe. Der 69-Jährige steht am Rednerpult im Bürgermeisterzimmer im Altstadtrathaus, das frisch angeheftete Bundesverdienstkreuz blitzt, und der „alte Hase“ kämpft ein wenig mit der Fassung. So viel Lob, so schöne, kluge Reden, so viel Ehre. Doch alles wäre anders gelaufen – ohne Gisela. Das weiß er. Und das sagt er: „Mit Dir zusammen ist aus meiner Leidenschaft – Geschichte und Geografie – eine Lebenslinie geworden.“

Oberbürgermeister Ulrich Markurth hatte zuvor den Beginn dieser ganz besonderen Lebenslinien in Addis Abeba markiert: „Damals, 1973, waren unruhige Zeiten in Deutschland, es gab viele Projekte auch für Afrika, aber so gut wie niemand ist auf die Idee gekommen, da auch hinzufahren.“
Anders Joachim Hempel. Das Vikariat in der Hauptstadt Äthiopiens sollte seine Haltung und sein Leben prägen. Bis heute. Seine Frau Gisela hatte sich nützlich gemacht – wie es sich für eine Pfarrersfrau gehörte – und die äthiopischen Kinder in der Nachbarschaft der Kirche betreut. Die Kinder der Ärmsten.
Daraus ist eine deutsche evangelische Kirchenschule, die German Church School geworden, beispielhaft für ganz Afrika. Bis heute werben die Hempels unermüdlich Spenden ein, „um den Laden am Laufen zu halten.“ Jetzt im Juli geht Hempel als Ruheständler noch einmal zurück, um die vakante Pfarrerstelle für ein halbes Jahr zu besetzen.
Nach dem Vikariat in Afrika folgten andere Stationen in der Kirche: elf Jahre Pfarrer in Riddagshausen. Fünf Jahre Pressesprecher der Landeskirche. „Wo er schon genauso war wie heute, einer der immer deutlich sagt, was er denkt“, kommentierte Ulrich Markurth lachend, „vielleicht waren es deshalb auch nur fünf Jahre.“
22 Jahre lang prägte Joachim Hempel als Domprediger aus dem Gotteshaus heraus das Leben der Stadt. Warb auch hier für Respekt und Toleranz. Zwischen den Menschen und den Religionen. Pfarrer Rüdiger Becker von der Evangelischen Stiftung Neuerkerode bezeichnet ihn als den Letzten „in unserer Kirche, der den Nahen Osten und die Muslime wirklich verstanden hat.“
Und der äthiopische Prinz Asfa-Wossen Asserate sagt über seinen Freund Joachim Hempel: „Du bist ein wahrer Brückenbauer, aufgeschlossen für das Gute, Schöne und Wahre. Wir Äthiopier haben diesem Mann viel zu verdanken.“
Spenden:
„Den Armen eine Chance“ ist das Motto einer Spendenaktion der Braunschweiger Domgemeinde, der Braunschweiger Zeitung und der NB. Es geht um die Unterstützung der deutschen Kirchenschule in Addis Abeba. Dort werden sehbehinderte und blinde Kinder aus armen Stadtvierteln unterrichtet. Spenden: Stichwort „Addis Abeba“. Konto der Kirchengemeinde St. Blasius, IBAN DE60 2505 0000 0152 0529 16.