Von Birgit Leute, 29.07.2016.
Braunschweig. Es klingt erst einmal nach Haarspalterei, doch tatsächlich geht es um mehr: Die Albert-Schweitzer-Stiftung demonstrierte gestern am Ringerbrunnen für die korrekte Auslegung einer EU-Richtlinie in der Schweinemast. Am Ende steht allerdings eine viel grundsätzlichere Frage: Was wollen wir auf dem Teller haben?
Vor wenigen Tagen hat die Stiftung eine Beschwerde beim Bundeslandwirtschaftsministerium in Berlin eingereicht. Die Tierrechtsorganisation forderte darin, die EU-Richtlinie für Schweinehaltung aus dem Jahr 2008 richtig auszulegen. „Im englischen Original heißt es, Schweine müssten ‚comfortable‘ untergebracht sein, also ‚angenehm‘. In der deutschen Übersetzung wurde es fälschlicherweise mit ‚angemessen‘ übersetzt“, erklärt Sprecher Carsten Halmanseder. Mastbetriebe bekämen damit einen Freifahrtschein, um Mindestanforderungen im Tierschutz zu unterlaufen. „Die Übersetzung wurde inzwischen korrigiert, doch an den Haltungsbedingungen hat sich nichts geändert“, kritisiert Halmanseder. Die meisten deutschen Schweine verbrächten ihr kurzes Leben immer noch auf Spaltböden, die weder „angenehm“ noch „angemessen“ seien, sondern vielmehr zu Krankheiten und Verletzungen führten. „Hier ist der Verbraucher gefragt, denn Politik und Wirtschaft werden nur durch den Druck von unten reagieren“, mahnt der Stiftungssprecher. „Abstimmen mit Messer und Gabel“ nennt das die Albert-Schweitzer-Stiftung und empfiehlt, beim nächsten Grillabend auch mal zu Soja-Würstchen oder pflanzlicher Mortadella zu greifen. „Die Industrie beginnt bereits zu reagieren und entwickelt ganze Linien aus Pflanzenprodukten“, sagt Halmanseder. Und die Verbraucher? „Auch die denken langsam um“, verzeichnet er eine erfreuliche Tendenz an deren Ende, so hofft er, die Abschaffung der Massentierhaltung steht.
„Wir werden heute Abend rund 300 Unterschriften von Menschen gesammelt haben, die alle versprechen, einmal eine Woche ohne Fleisch auszuprobieren“, nennt Halmanseder Erfahrungswerte aus vergangenen Aktionstagen.