Von Marion Korth, 06.04.2016.
Braunschweig. Unternehmer, die im Bereich der Luft- und Raumfahrttechnik tätig sind, könnten mit ihrem Betrieb gut am Forschungsflughafen landen. Für alle anderen wird es eng: „Wir haben noch drei Hektar frei verfügbare Gewerbeflächen“, sagte Wirtschaftsdezernent Gerold Leppa am Montag.
Gemeinsam mit den anderen Akteuren legte er das Entwicklungskonzept für Gewerbeflächen in Braunschweig vor.
Ein Blick auf die Stadtkarte zeigt, dass ein Wachstum wie in den vorangegangenen Jahrzehnten an die (städtischen) Grenzen stößt, aber auch sonst zeichne sich hinsichtlich der Nachfrage ein neuer Schwerpunkt ab. Da sind zum einen noch immer die produzierenden Gewerbebetriebe, für die die gute Anbindung an Schiene und/oder Autobahn überlebenswichtig ist und die zum Beispiel wegen einer möglichen Lärmbelästigung auf der grünen Wiese am besten aufgehoben sind. Und da sind eher wissensbasierte Unternehmen, die gut in die Innenstadt auch in direkte Nachbarschaft zu Forschungseinrichtungen und Wohnquartieren passen. Das neue Konzept will mit einer „Doppelstrategie“ beide Unternehmenstypen bedienen. Mit einer Besonderheit: Die Innenstadtentwicklung hat Vorrang vor der Außenstadtentwicklung. Bei der Vergabe der raren Flächen soll zudem eine Rolle spielen, dass auf der Fläche möglichst viele neue Arbeitsplätze und nicht nur große Hallen entstehen.
Das jetzt vorgelegte Konzept soll das Wohnraumversorgungskonzept ergänzen und gleichzeitig ein Baustein für das Integrierte Stadtentwicklungskonzept sein, das derzeit erarbeitet wird. Indem nach dem großen Blick auf den Stadtplan einzelne Flächen genauer hinsichtlich ihres Potenzials, ihrer Eigentümerstrukturen und anderer Parameter überprüft worden sind, sei die Stadt auch besser gerüstet, wenn sie Nachfragen von Betrieben erhalte. „Ansonsten kann es sein, dass man auf die Schnelle entscheidet und ein Betrieb wie ein Ufo in der Stadt landet“, erläutert Thorsten Warnecke, Leiter der Abteilung für Umweltschutz und Stadtentwicklung. Das Konfliktpotenzial, das eine Gewerbeansiedlung mit sich bringe, sei oft nicht gleich zu erkennen. „Ein Logistikcenter wie in der Kralenriede – so etwas würde man bei einer Neuansiedlung nicht machen“, nennt er ein Beispiel. Auch würden Büros eher in den Innenstadtbereich als auf die grüne Wiese gehören, wo dann die Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr wieder Kosten verursache. Bei dem Konzept handele es sich aber nur um einen Rahmen, dem Rat obliegt es, über die einzelnen Projekte zu entscheiden und den Anstoß für den Beginn der Planungsarbeit zu geben, so wie für das interkommunale Gewerbegebiet Stiddien-Beddingen.
Für die Stadtentwicklung höchst interessant seien die Gebiete, die Wohnen und Wirtschaft vereinen. „Transformationszonen“ nennen die Stadtplaner diese Bereiche beispielsweise am Ringgleis, wo sich Produktionsbetriebe zurückziehen und neue innovative Unternehmen ansiedeln. „Dort findet ein Wohnungs- und Gewerbezuwachs ohne zusätzlichen Flächenverbrauch statt“, macht Leppa deutlich. Um das Miteinander von Wohnen und Arbeiten noch besser steuern zu können, stelle sich auch die Frage, inwieweit die Stadt von ihrem Flächenvorkaufsrecht Gebrauch macht und selbst in den Flächenankauf und die Planung einsteigt, statt auf ein Investorenmodell zu setzen. Das vorgelegte Konzept sei allerdings auch für Private ein Wegweiser, die neue Wege in der Flächennutzung suchen. Sowohl Stadt als auch die Braunschweig Zukunft GmbH stünden als Ansprechpartner zur Verfügung.
Das Entwicklungskonzept soll den Rahmen für die nächsten zehn bis fünfzehn Jahre vorgeben. Kurzfristig soll der bereits geplante zweite Abschnitt im Gewerbegebiet Waller See verwirklicht werden.
Info
Potenzial für die „gemischte Stadt der kurzen Wege“ sehen Stadtplaner und Wirtschaftsförderer beispielsweise im Norden der Stadt (Roggenmühle, Schimmelhof, Panther-Werke, das ehemalige Pressehaus an der Hamburger Straße, die leerstehende Baumarkt-Immobilie an der Berliner Heerstraße). Außerdem interessant: Flächen südöstlich des Hauptbahnhofs, das ehemalige Eisenbahnausbesserungswerk sowie das Harz- und Heidegelände.