Hannover/Braunschweig. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil geht mit großen Schritten voran. Am Montag legte er die Eckdaten eines Fünf-Stufenplans vor, nach dem die wegen der Corona-Pandemie verfügten Einschränkungen schrittweise gelockert werden sollen.
Besonders für Gastronomie und Hotellerie zeichnet sich ein Ende der Durststrecke ab. Aber auch der Tourismus wird vorsichtig wieder angeschoben. So sollen Campingstellplätze und Ferienhäuser bereits ab nächster Woche wieder vermietet und Cafés und Gaststätten wieder öffnen dürfen. Ab dem 25. Mai ziehen Hotels oder Jugendherbergen nach und können wieder Gäste aufnehmen. Als Einschränkung gilt allerdings in allen Fällen, dass nur die Hälfte der Zimmer oder Sitzplätze vergeben werden darf.
Der Pfingsturlaub ist damit gerettet, die Urlaubssaison 2020 jedoch nicht. Es gilt vorerst bis zum 14. Juni eine weltweite Reisewarnung. Von Normalität sind Niedersachsen und die Welt weit entfernt. Mit einer Bus-Demonstration am 1. Mai hat das Reiseunternehmen Schmidt in Wolfenbüttel auf die Situation aufmerksam gemacht.
Der Schmidt: Geschäftsgrundlage entzogen
„Es hätte das erfolgreichste Jahr unserer Geschichte werden können“, sagt Philipp Cantauw, der zusammen mit Wilhelm und Georg Schmidt das traditionsreiche Reiseunternehmen führt. „Wir haben über die Jahre viel investiert und ein erfolgreiches Geschäftsmodell aufgebaut, das ohne Subventionen funktioniert hat“, so Cantauw weiter. Nun wurde diesem Geschäftsmodell die Grundlage entzogen. Busreisen, Fliegen ab Braunschweig: nichts geht. Was aber noch viel schlimmer ist: „Uns wird kein klares Exit-Szenario aufgezeigt. Wir brauchen zwei Monate Anlaufzeit.“
Und wenn Cantauw von „uns“ spricht, denkt er auch immer an die gesamte Branche. „Der Tourismus ist mittelständisch geprägt, und wenn es nicht bald wieder losgeht, werden 60 Prozent der Betriebe die nächsten vier Wochen ohne staatliche Hilfe nicht überleben.“ Insgesamt seien bundesweit drei Millionen Menschen davon betroffen. „Die Reisebranche arbeitet mit verderblichen Waren. Über Monate haben wir viele Anstrengungen auch finanzieller Natur unternommen, um Leistungen einzukaufen und zu vermarkten. Den Großteil bekommen wir nicht zurück, dürfen die Reisen aber nicht durchführen. Das ist ein Doppelmalus und nicht nur ein einfacher Umsatzausfall. Als Unternehmen bis 249 Mitarbeitern gibt es derzeit auch wenig staatliche Förderungen außerhalb zurückzuzahlender Kredite“, kritisieren Cantauw und Georg Schmidt, die selbst rund 200 Menschen beschäftigen.
Aber es gäbe auch Dinge, die Mut machten, so Cantauw: „Von dem Vorschlag der Bundesregierung, sich ein Reiseguthaben ausstellen zu lassen, haben 65 Prozent unserer Kunden Gebrauch gemacht. Das ist toll und gibt auch unseren Mitarbeitern das Gefühl, dass da ein Ziel ist, auf das wir hinarbeiten können.“ Denn irgendwann werden auch bei „Der Schmidt“ die Busse wieder rollen.
Fuhrmann/Mundstock: „Wir hängen in der Luft
Der Stufenplan soll den Menschen in Niedersachsen „einigermaßen verlässliche Perspektiven für die nächsten Wochen geben“, sagte Ministerpräsident Stephan Weil. Tatsächlich macht die Unsicherheit der Reisebranche schwer zu schaffen.
„Wir reagieren im Moment natürlich immer so ein wenig von einer Regierungsentscheidung zur nächsten“, sagt Simona Kiehne (Fumu-Reisen) auf unsere Anfrage. Auch Fumu musste Kurzarbeit anmelden, teilweise wird im Home-Office gearbeitet. Telefonisch sind die Mitarbeiter montags bis freitags von 9 bis 13 Uhr zu erreichen.
Leider wisse niemand, wie es nach dem jeweils gesetzten Datum weitergeht. „Wir hängen wie viele andere Branchen in der Luft“, sagt Simona Kiehne. Die meisten Kunden würden das glücklicherweise verstehen. Die weltweite Reisewarnung für Auslandsreisen gelte bis zum 14. Juni. „Wir gehen davon aus, dass wir dann wieder reisen dürfen.“ Wenn vielleicht auch mit weniger Fahrgästen im Bus. Bis dahin würden den Kunden Umbuchungen auf spätere Termine im Jahr oder sogar schon die gleiche Reise im nächsten Jahr angeboten. Auch bei Fumu wird von einer regen Nachfrage für die Zeit nach der Krise gerechnet.
„Ausdrücklich bedanken möchten wir uns bei allen Kunden, die in diesen Zeiten immer einige positive Worte für uns haben, sich oftmals für Gutscheine entscheiden oder bereits umbuchen. All das hilft uns sehr und gibt uns Kraft für die kommenden Wochen und Monate“, sagt Simona Kiehne.
Aida Fernwehinsel: Wir sind trotzdem da
„Sobald die Krise vorbei ist, möchten die Menschen heraus.“ Gülaydin Süt, Reiseexponentin im Reiseland Aida Fernwehinsel in den Schloss-Arkaden sehnt wie die Kunden diese Zeit herbei. Bis dahin heißt es für sie und ihre Kolleginnen: Home-Office. Das Reisebüro bleibe im Mai geschlossen. „Aber wir sind trotzdem für unsere Gäste da“, versichert Gülaydin Süt. Am Telefon werden Umbuchungen vorgenommen, Fragen beantwortet. So gut es geht, denn die Situation verändert sich ständig. „Ab Juli sind wieder Kreuzfahrten möglich“, ist sie zuversichtlich, „wir sind startklar.“ Die Hoffnungen richten sich auch in die Zukunft. Mit speziellen Angeboten werden bereits Fahrten für 2021 vermarktet.