Von Marion Korth, 13.02.2016.
Braunschweig. Das gemeinschaftliche Patenprogramm der Christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) und des Jugendmigrationsdienstes des Caritasverbandes soll den Boden bereiten, damit junge Flüchtlinge mit Bleiberecht in der neuen Heimat Deutschland schneller Wurzeln schlagen können.
„Wir waren schon beim VfL Wolfsburg im Stadion, dann beim Eishockey, und Housan wollte gern beim Weihnachtsbaumschmücken helfen“, zählt Anja Cubranic auf. Ihr Vater kam einst auch ins für ihn fremde Deutschland, sie hat eine Ahnung davon, wie sich das anfühlt. Deshalb hat sie sich als Patin gemeldet und zeigt dem 18-Jährigen Housan aus Syrien jetzt die Stadt. In der Stadtbibliothek war sie auch schon mit ihrem „Patenkind“, das Sprachtraining läuft nebenher.
„So geht Integration, wenn man sich anlehnen kann“, sagt Christine Piefke. Sie ist die Vermittlerin zwischen Paten und Ute Scupin von der Caritas, die mit den Jugendlichen direkt zu tun hat und weiß, wer sich zusätzliche Unterstützung wünscht und sie brauchen kann. Neun solcher Patenschaften gibt es aktuell, 50 Braunschweiger hatten nach einem ersten Aufruf grundsätzliches Interesse bekundet. Begleitung bei Behördengängen, Hilfe bei der Wohnungssuche oder einfach nur gemeinsame Unternehmungen stehen auf dem Programm. Gemacht wird, was beide Seiten sich wünschen, es geht um Austausch auf Augenhöhe, nicht ums „Bemuttern“. Housan ist nicht allein in Braunschweig, seine beiden Brüder besuchen weiterführende Sprachkurse, seine beiden Schwestern gehen in den Kindergarten und die Schule, er selbst arbeitet auf seinen Realschulabschluss hin und möchte eine Ausbildung im Elektrohandwerk machen. Knapp eineinhalb Jahre ist er jetzt hier und spricht schon richtig gut deutsch.
Klare Vorstellungen von seiner Zukunft hat auch der 22-Jährige Ibrahim aus Kobane. Mit seinem Paten André Schlese trifft er sich jede Woche, manchmal nur jede zweite. „Wir sprechen über alles Mögliche, über Gott und die Welt“, sagt Schlese. „Ich kann die Welt nicht ändern“, meint er mit Blick auf die Krisenherde, „aber ich habe mich gefragt, was ich tun kann“, so wurde er Pate. Ibrahim hat ihm ein Foto des Hauses gezeigt, in dem er mit seiner Familie vor der Flucht wohnte. Steht es noch? Ibrahim schüttelt den Kopf: „Nein, es ist zerstört.“ Nun möchte er in Braunschweig eine Mechanikerausbildung machen. Der Sprachkursus läuft noch bis Mai, danach hat Ute Scupin ihn für ein berufsvorbereitendes Projekt der Handwerkskammer angemeldet.
Ihre Erfahrung aus der Praxis: „Nach den Integrationskursen geht es nicht weiter, wir brauchen weitere Sprachkurse.“ Aber es kommt etwas in Bewegung, die Sprachklasse am Gymnasium Raabeschule ist ein Fortschritt, damit kein Flüchtling nur wegen fehlender Sprachkenntnisse in der Schulausbildung zurückstecken muss.