Braunschweig. „Es greent so green, wenn Spaniens Blüta blüha“, hangelt sich Eliza Doolittle in „My fair lady“ durch ein inzwischen legendäres Satzungetüm. Wer George Bernhard Shaws „Pygmalion“ und die Geschichte um einen Sprachprofessor, der ein Mädchen aus der Gosse holt, vorher noch nicht kannte, wusste spätestens nach dem Musical Bescheid.
Aktuell lässt die Komödie am Altstadtmarkt Eliza und Professor Henry Higgins wieder auferstehen. In „Kauz & Chaotin“ wird Eliza zum rotzigen Straßenmädchen Lisa Dombrowski (Joanna Semmelrogge), die in Berlin die Passanten gerne mal im Jugendjargon anpampt: „Sorry, mein Einzahlungsterminal ist im Arsch, du Opfer!“. Für Professor Henri Hingsen (Florian Battermann) ist sie damit das geborene Versuchsobjekt. In „Kauz & Chaotin“ ist er ein Sprach-Coach, der aufstrebenden Managern das nötige Handwerkszeug liefert. Jetzt will er Lisa in drei Monaten zur Dame erziehen und aufs gesellschaftliche Parkett hieven. Die freche Göre wird zwar nicht mit dem Grün von Spaniens Blüten gequält, aber mit Sätzen wie „Der Cottbuser Postkutscher putzt die Cottbuser Postkutsche mit Cottbuser Postkutschenpaste“ (bitte mal nachsprechen).
Der Rest ist bekannt. Lisa bewährt sich glänzend, rächt sich aber danach an dem kaltschnäuzigen Professor, in dem sie ihm die Pantoffeln an den Kopf wirft.
Georg Bernward Shaw hätte in seinem Stück mehr gesehen, als die romantische Geschichte der Musicalversion, ist Komödienleiter Florian Battermann überzeugt. „Pygmalion“ sei vielmehr eine Sozialsatire über die feine Gesellschaft, über Klassen- und Geschlechterkampf und so auch nach 110 Jahren noch aktuell. Mit „Kauz & Chaotin“ – von Battermann neu übersetzt – gelingt ihm dieser Sprung tatsächlich. Dort stehen sich nicht versnobte „upper class“ und Blumenmädchen gegenüber, sondern Bildungsbürgertum und Geringverdiener. „Chef, wer bin ick? Einer von die Mittellosen, Ich kann mir nichts leisten. Dabei brauchtet einer von uns da unten so viel mehr als wie einer von die ganz oben“, hält Lisa Vater Alfred Dollmeier Professor Hingsen und uns einen Spiegel vor.
Martin Semmelrogge verkörpert den philosophierenden Müllmann mit der richtigen Mischung aus Wortwitz und Würde. Genau wie es Joanna Semmelrogge schafft, ihre Lisa immer auf Augenhöhe mit der Männerwelt und dem selbstverliebten Hingsen zu lassen. Und so endet „Kauz & Chaotin“ ganz anders als die leicht angestaubte Musicalversion aus den 1960er Jahren. Wie? Das wird hier nicht verraten ….
Aufführungstermine: 9. bis 12. November und 15. bis 20 November. Informationen unter www.komoedie-bs.de.