30. April 2020
Menschen

Blau-gelb steht in Brigitte-Village für Hilfe

Hilfe aus Deutschland für Kinder in Sierra Leone – Corona bereitet große Sorgen – Teil 3 von 4

Blau-gelb sind in Brigitte-Village, wie hier das Schild vor der Gesundheitsstation, die Farben, die Hilfe versprechen.   Foto: Pöhlig/oh

Dass ein ganzer Ort nach ihr heißt, ist Brigitte Amara-Dokubo auch nach zehn Jahren noch etwas unangenehm. Dabei hätten die rund 1500 Bewohner von Brigitte-Village ihre Dankbarkeit kaum besser ausdrücken können. Eine Schule, eine Gesundheitsstation, Brunnen, eine Schulungsfarm und vieles mehr hat die 66-jährige Braunschweigerin in den vergangenen 20 Jahren in Sierra Leone realisiert.

Der Verein Löwe für Löwe ist ein kleiner Verein. Das hat den Vorteil, dass die Spenden direkt zum Einsatz kommen. Wir sind nach Sierra Leone geflogen und haben uns die Projekte angeschaut.
Ein Kernstück ist die Gesundheits- und Entbindungsstation (siehe Interview unten). Die Babys erblicken das Licht der Welt in einem nur etwa acht Quadratmeter großen Raum.

„Wir müssen dringend anbauen“, berichtet Brigitte Amara-Dokubo. Zwei Entbindungsräume, ein Labor, ein Badezimmer und ein Schwesternzimmer sind geplant. Nun hoffen alle, dass Corona die Anbaupläne für 2021 nicht durchkreuzt.

Konzentriert hören die Mütter Schwester Marie zu. Anschließend werden die Neugeborenen geimpft, eine der wichtigsten Aufgabe der Gesundheitsstation.

Schwester und Hebamme Marie, eine kleine energische Frau, steht vor rund 30 Müttern und ihren Neugeborenen als wir die Station besuchen. Stillen ist heute das Thema. Nach der Informationsstunde werden die Babys geimpft, jedes Kind hat einen ordentlich geführten Impfausweis. Auf dem Flur warten bereits einige Schwangere. Die sehr jungen Frauen werden gleich etwas über die richtige Ernährung hören. Marie singt zum Abschluss ein Lied mit ihnen, in dem alle wichtigen Lebensmittel vorkommen. „Nicht jede Frau kann lesen und Bücher, sofern es sie gibt, sind sehr teuer. Mit einem Lied können sich die Frauen die Infos besser merken“, erläutert Marie.

In Brigitte-Village sind auch die Schuluniformen blau-gelb. Auf diese farbliche Verbindung legt der Verein wert, die meisten Spenden kommen schließlich aus Braunschweig.

Ein größeres Zukunftsprojekt ist der Aufbau einer Schulungsfarm. Im Nachbarort Robekeh Village hat der Verein 2,6 Hektar Land gekauft. Ein Schulungsgebäude und ein Wirtschaftsgebäude sind bereits gebaut, eine studierte Landwirtin eingestellt.
Eigentlich sollten hier vor allem Moringa-Bäume angepflanzt und verarbeitet werden. Doch durch den Ausbruch von Corona wird nun zunächst vorrangig Gemüse angebaut werden.

„Wenn die Pandemie das Land nur halb so schlimm erwischt wie damals Ebola, dann werden die Leute erneut viel hungern müssen. Und schlecht ernährte Menschen sind besonders anfällig“, sagt Brigitte Amara-Dokubo, die mit großer Sorge in die Zukunft blickt.

 

„Jede noch so kleine Spende würde den Menschen helfen“

Brigitte Amara-Dokubo begleitet die Braunschweiger Hilfsprojekte in Sierra Leone – Im Gespräch mit der NB

Vor genau zehn Jahren hat Löwe für Löwe die Gesundheitsstation aufgebaut. Ein wichtiger Baustein für die Arbeit des Vereins. Die geplante Geburtstagsfeier fiel nun wegen Corona sehr klein aus. Die NB sprach mit Brigitte Amara-Dokubo über die aktuelle Situation der Station.

Brigitte Amara-Dokubo im März 2020 auf der Schulungsfarm des Vereins. Dort wird wegen der Corona-Krise nun viel Gemüse angebaut.

Für wie viele Menschen ist die Station Anlaufpunkt?

Für rund 10 000 Menschen ist sie der Ort, an dem sie Hilfe bekommen, ohne große Arztkosten, die sich die meisten nicht leisten können. Zwei Krankenschwestern, die auch eine Hebammen-Ausbildung haben, und drei Helfer haben wir dort beschäftigt. Ihr Gehalt liegt zwischen 80 und 120 Euro im Monat.

Aus welchen Gründen kommen die Menschen?

Oh, aus allen erdenklichen Gründen: Ob Verbrennungen, Fieber, Knochenbrüche, Wunden jeder Art und sehr viele Malaria-Fälle. Ganz wichtig ist uns die Geburtshilfe.

Warum ist euch die Geburtshilfe besonders wichtig?

Die Mütter- und Säuglingssterblichkeit ist sehr hoch in Sierra Leone. Wir sind stolz, dass wir mehr als 3000 Babys auf die Welt geholfen haben – ohne einen Todesfall. Das hat sich rumgesprochen, etwa 90 Prozent der Patienten sind Schwangere, stillende Mütter und Kinder bis zum Alter von fünf Jahren, zumal sie kostenfrei behandelt werden.

Was bedeutet Corona für die Gesundheitsstation?

Corona trifft auch uns hart. Wie vor einigen Jahren bei Ebola müssen etliche Vorkehrungen getroffen werden. Das fängt bei Wasserspendern und Seife an. Alles kostet zusätzliches Geld. Ein aktuell geplanter Erweiterungsbau muss nun wohl zurückgestellt werden. Jede noch so kleine Spende würde uns oder besser gesagt den Menschen in Sierra Leone sehr helfen.

 

Info

Die Journalistin Anita Pöhlig (64) war 20 Jahre Korrespondentin der dpa in Braunschweig. Ihr Ehemann Paul Becke (68) war Lehrer an der Hauptschule Sophienstraße. Beide reisen gern und berichten in ihrem Blog darüber: urlaubspaul.com. 

Weitere Informationen:
www.loewefuerloewe.de, Spendenkonto:Postbank Hannover, IBAN: DE91 2501 0030 0902 6953 00

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