Von Ingeborg Obi-Preuß, 03.03.2017.
Braunschweig. Der Durchgang neben dem Rathaus, in dem das Bild der Braunschweiger Originale hängt, hat keinen Namen. Das scheint bezeichnend für diese vier Schicksale zu sein, so richtig kann sich niemand an sie erinnern. Im BZV Medienhaus gab es jetzt eine Diskussion dazu. Moderiert von BZ-Chefredakteur Armin Maus.
Im Raum standen vor allem die Fragen: Will man sich überhaupt erinnern? Und wenn ja, an was oder wen? In welcher Form? Eins war schnell klar – es gibt keine einfachen Antworten.
Dr. Henning Steinführer vom Stadtarchiv brachte etwas Licht in die spärliche Faktenlage. Den Status als Originale bekamen diese Menschen, weil sie ihr Schicksal im Kaiserreich und der Weimarer Republik trotz widriger Umstände irgendwie meisterten.
Die bekannteste Figur ist Agnes Adolphine Agathe Schosnoski, geboren am 24. Januar 1866 in Braunschweig, gestorben am 2. September 1939 in Königslutter. Der Ärztliche Direktor des heutigen AWO-Therapiezentrums in Königslutter, Dr. Mohammad-Zoalfikar Hasan, vermutet, dass die heute als „Harfen-Agnes“ bekannte Frau ein Opfer der Euthanasie der Nationalsozialisten war. Es gibt keine Belege, aber da sie Epileptikerin war, liege die Vermutung nah. Ob und wer von den „Originalen“ psychisch krank war, ist nicht klar, aber ein „Anderssein“ überliefert, ebenso deren sozial schwierige Lage. Dr. Hasan sprach davon, dass psychisch kranke Menschen auch heute noch schlecht behandelt würden. „Die Reaktion auf das Anderssein hängt von uns ab“, mahnte er zur Toleranz.
„Wir brauchen Orte, an denen Erinnerung wachgehalten wird“, betonte der frühere Domprediger Joachim Hempel und fragte, warum fast alle öffentlichen Plätze mit Kunstwerken von Jürgen Weber belegt seien: „Gibt es jetzt etwa keinen Platz mehr für unsere Originale?“, fragte er spöttisch.
„Aber bloß kein lokalpatriotisches Brunnen-Gedöns, wo bleibt denn da der Blick auf die geschundenen Kreaturen“, wandte Dr. Anja Hesse entschieden ein.
Eine Besucherin stellte sich als ehrenamtliche Mitarbeiterin des Städtischen Museums vor und fand ein gutes Schlusswort: „Die Figuren stehen in der Dauerausstellung im Altstadtrathaus. Jeder kann sie dort besuchen, damit ist die Sache doch auch erledigt.“