Von Sigrid Schonalu, 02.08.2017.
Braunschweig. Lebensgeschichten haben Dr. Mareile Seeber-Tegethoff schon immer fasziniert. Schon während ihres Studiums der Ethnologie und besonders in ihrer Doktorarbeit hat sie sich auf die Spuren von Menschen und deren Lebensgeschichten gemacht.
Die narrative Technik der Ethnologie, Menschen für Forschungszwecke aus ihrem Leben erzählen zu lassen, hat sie nun für ihre Arbeit übernommen. Seit zehn Jahren schreibt sie im Auftrag Erinnerungen von Menschen auf, Erinnerungen, die den Personen selbst oder ihren Angehörigen wichtig sind. „Viele kommen mittlerweile zu mir und sagen ’Ach, das hätte ich gerne von meiner Großmutter gewusst. Nun ist es zu spät‘“, erklärt sie. „Dagegen möchte ich etwas tun“.
Mit der Biografie von Günter Wittrin, „Von einem, der stets die Gelegenheit ergriff. Ein Kriegskind erzählt seine Geschichte“, bringt sie die erste der zahlreichen von ihr geschriebenen Biografien in die Öffentlichkeit – und mit ihren eigenen Verlag „Worte & Leben“ auch in den Handel. Kennengelernt haben sich die beiden bei einem von Mareile Seeber-Tegethoff veranstalteten Erzählsalon „Auf einmal war Friede“.
Spiegel der Geschichte
„Günter Wittrins Geschichte fand ich aus mehreren Gründen so wichtig, dass ich sie öffentlich zugänglich machen wollte. Seine Lebensgeschichte berührt an vielen Punkten die deutsche Geschichte im Allgemeinen“, beschreibt sie. Sein Aufwachsen als Kind deutscher Eltern in Polen, die elterliche Begeisterung für den Nationalsozialismus, die Heirat seines Bruders mit einer Jüdin, sein Einsatz als Kindersoldat, Flucht und schließlich ein überraschendes Ankommen in einem Land, das schnell Demokratie lernen muss. Von Günter Wittrin in zahlreichen Sitzungen erzählt, hat sie seine Erinnerungen aufgeschrieben, sortiert und den ineinander verwobenen Erzählsträngen eine Struktur gegeben. Herausgekommen ist eine sehr individuelle, aber zugleich auch sehr typisch deutsche Geschichte. Zur Zeit arbeitet Dr. Mareile Seeber-Tegethoff an ihrem nächsten Buch über die Geschichte der Geflüchteten in den letzten 70 Jahren bis heute.