Von Annette Heinze-Guse, 24.11.2013.
Braunschweig. Wer an Krebs erkrankt, erlebt eine extreme Lebenslage. In einer Beziehung bleibt er damit nicht allein, der andere übernimmt einen Teil des Leidens und der Last. „Der Partner leidet mit“, heißt so auch der Arbeitstitel der Doktorarbeit an der Technischen Universität (TU) von Franziska Kopsch.
Mittels Fragebögen erhebt die Psychologin zurzeit, wie hoch der „Distress“, also der negative Stress bei Partnern Krebskranker ist.
Denn während Krebskranken eine Psychotherapie bei einer entsprechenden Belastung relativ schnell von den Kassen bewilligt wird, ist das im Falle der Lebenspartner noch nicht die Regel.
Mehrseitiger Fragebogen
Ziel der Doktorarbeit unter der Regie von Dr. Tanja Zimmermann ist es deshalb, einen kurzen Fragebogen zu entwickeln, der in der Praxis schnell Aufschluss darüber gibt, „ob der Partner ein Belastungsspektrum aufweist, dass behandelt werden muss“, erläutert die Doktorandin. Bereits in ihrer Masterarbeit hat sich die junge Wissenschaftlerin mit dieser Problematik beschäftigt. Der Fragebogen von damals wurde für die aktuelle Studie reduziert und umfasst jetzt noch sieben Seiten. Abgefragt wird unter anderem, ob der Proband an körperlichen Erkrankungen leidet, wie belastet er sich fühlt, und wie glücklich er seine Partnerschaft einschätzt.
Einfach überfordert
Das Thema, die Partner von Krebspatienten in den Blick zu nehmen, liege ihr sehr am Herzen, sagt Franziska Kopsch. Als Praktikantin in der Onkologie habe sie erlebt, dass der Partner im Alltag ganz schnell hinten runterfällt: „Der gesunde Partner übernimmt alles. Er erlebt einen starken ’workload‘. Das ist langfristig unheimlich anstrengend und belastend“, schildert die Psychologin.
Der Beziehungspartner sei aber sehr wichtig, um die Krankheitssituation zu meistern: „Die Unterstützung, die der Partner leistet, kann niemand anderes leisten“, sagt Franziska Kopsch, „diese Ressource fällt weg, wenn der Partner ebenfalls psychisch erkrankt.“
200 ausgefüllte Fragebögen hat die Doktorandin bereits zurückbekommen, 100 Probanden fehlen ihr noch, um aussagefähige Ergebnisse zu erhalten. Rücklauf und Feedback seien bisher gut, sagt die 25-Jährige: „Weil die Studie sehr anonym ist, gibt es ehrliche und offene Antworten. Die meisten Probanden werden mich nie sehen.“ Aus der Befragung liegen erste signifikante Erkenntnisse vor. Eine der häufigsten Ängste von Beziehungspartnern ist demnach die sogenannte Progredienzangst, die Angst, dass der Krebs wiederkommt und fortschreitet. Außerdem gaben die Probanden an, dass der Krebs die Partnerschaft stark belaste, sie instabiler mache.
Kommunikation wichtig
„Konflikte entstehen oft erst nach Abschluss der medizinischen Behandlung, dann fallen die Beteiligten in ein großes Loch. Die Krankheit schmiedet zunächst zusammen“, hat die Psychologin beobachtet.
Kommunikation über den Krebs sei alles, sagt Kopsch. An diese Erkenntnis knüpft das Paartraining „Seite an Seite“ von Dr. Tanja Zimmermann und Prof. Dr. Nina Heinrichs an der TU an. Kopsch hat es im Rahmen ihrer Doktorarbeit ein Dreivierteljahr lang koordiniert. „Ich wollte ihn/sie ja nicht auch noch mit meinen Sorgen und Ängsten belasten“, sei eine häufige Aussage von Partnern gewesen. Die Krebskranken dagegen äußersten oft: „Wir haben nie über seine/ihre Ängste gesprochen. Er/sie hat mir nie gezeigt, dass es ihm/ihr so schlecht geht.“ Dieses Training bietet die Ambulanz weiterhin für stark belastete Paare an.
Wer an der Befragung im Rahmen der Studie teilnehmen möchte, kann sich unter Telefonnummer 3 91 36 27 oder per E-Mail unter f.kopsch@tu-bs.de an Franziska Kopsch wenden. Fragebögen werden per Post mit einem frankierten Rückumschlag zugeschickt.