25. Februar 2014
Kulturelles

„Die Welt will gesehen werden“

Harald Dietl spielt vom 30. März bis zum 15. Mai „Urlaub mit Papa“ in der Altstadtmarktkomödie.

Harald Dietl ist im Stück „Urlaub mit Papa“ in der Komödie am Altstadtmarkt zu sehen. Foto: André Pause

Von André Pause, 25. Februar 2014.

Braunschweig. Interviewtermin in der Komödie am Altstadtmarkt. Harald Dietl sitzt im Café des Hauses – feiner roter Rollkragenpullover, grüne Cordhose und elegante beige Lederschuhe – gebeugt in einen Apfellaptop.

Vom 30. März bis zum 15. Mai steht der Schauspieler unter anderem mit Michaela Schaffrath und Dustin Semmelrogge auf der Bühne des Theaters für das Stück „Urlaub mit Papa“. Der erste Eindruck, hier wird gerade Text gelernt, täuscht. Dietl hat an Texten geschrieben und noch E-Mails verfasst, die er allerdings nicht versenden kann: kein Internet verfügbar. Schweren Herzens klappt er den Rechner zu.
Der 80-Jährige ist ein echter Tausendsassa, steht regelmäßig auf der Bühne, hat gerade ein Hörspiel gemacht, steht gelegentlich noch vor der Kamera, wie zuletzt für einen Film über Pater Rupert Mayer, der in Kürze in die Kinos kommen soll. Und er schreibt leidenschaftlich gern Kriminalromane.
Was treibt ihn an? „Ein Postamtmann wüsste mit 40, er geht mit der oder der Summe in Pension, dann sammelt er Briefmarken, züchtet Tauben oder verhaut die Enkel (lacht). Ich bin seit 1961 freischaffend. Solange es das Hirn, die Gedärme und die Knochen noch mitmachen, habe ich den Drang, etwas zu tun“, erzählt Dietl. „Ich war mein Leben lang schöpferisch tätig. Ich begleite meine Frau nicht zum Wochenmarkt und sage: Da drüben sind die Gelben Rüben aber billiger.“
Selbstverständlich gebe es auch Texte oder Rollen, die er nicht mehr brauche. Dafür habe er, wie er betont, beizeiten in mehrere Renten eingezahlt. „Wenn ich schöne Angebote bekomme, dann lese ich sie intensiv durch und gehe mit mir zurate, oder frage meine Frau: schaffe ich das noch, schaffe ich es leicht, macht es mir nur Mühe oder auch Freude?“, erklärt der Schauspieler. Das Stück müsse stimmen. Dazu sollte die Arbeit harmonisch und nicht zu strapaziös sein. „Ich stehe seit 70 Jahren auf der Bühne, habe im Schülertheater angefangen, bin langsam in den Beruf reingekommen, im Übrigen gegen den Willen meiner Eltern“, sagt Dietl und schiebt vielsagend nach: „Ich kann noch, aber ich muss nicht mehr.“ „Urlaub mit Papa“ an der Komödie am Altstadtmarkt kann und möchte er. „Die Rolle ist schön, bei Herrn Battermann habe ich mich beim letzten Mal sehr wohl gefühlt und außerdem ist Braunschweig eine schöne und interessante Stadt.“
Der bei diesem Stück zur Verhandlung stehende Generationskonflikt ist ein bisschen Dietls Thema. Mit schludrig vorbereiteten jungen Kollegen mag der Mann, der mehr als ein Jahrzehnt fester Bestandteil der TV-Krimiserie „Die Männer vom K3“ war, Theatertourneen durch die ganze Welt gemacht hat und in renommierten Theaterhäusern wie der Wiener Burg auf der Bühne stand, gar nicht. Überhaupt habe sich der Schauspielberuf sehr verändert, das beginne bei der Ausbildung und reiche bis zur Arbeit unter höchstem Kostendruck.
Er selbst ist froh, sich auch mal Auszeiten nehmen zu können – und er genießt sie: „Ende Mai fliege ich mit meiner Frau und den Kindern nach New York. Ich finde das herrlich, solange das gesundheitlich noch geht. Die Welt will gesehen werden. Als ich klein war, konnten wir von Mainz nicht mit dem Fahrrad über die Brücke nach Wiesbaden fahren. Hier war die französische Zone, da die amerikanische. Jetzt kann die Jugend die Welt sehen, das finde ich fantastisch.“

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