22. August 2017
Menschen

„Ein guter Wein bleibt nicht lange offen“

Weinexperte Marcus Sonemann vom Steigenberger Parkhotel in Braunschweig gibt Tipps für Gastgeber und Genießer.

Sommelier Marcus Sonemann aus dem Steigenberger.Foto: Peter Sierigk

Von Michael Michalzik, 22.08.2017.

Braunschweig. Die alten Römer und Ägypter verehrten ihn, im antiken Griechenland war er gar Gegenstand religiöser Betrachtung: Wein, köstlicher Tropfen aus edler Traube, begleitet die Menschheit seit mehr als 7000 Jahren. Ist der Rebensaft in der Herstellung seitdem im Prinzip unverändert geblieben, so ist doch eine Vielzahl an Finessen hinzugekommen, die zu beachten sind. Wein gilt als Getränk für Kenner und Genießer, gar als Expertensache.

Dass es in Wirklichkeit ganz leicht ist, ein gutes Glas Wein stilvoll zu genießen, weiß Marcus Sonemann. Und der 26-Jährige muss es wissen: Von Beruf her ist er „Gastgeber   Brasserie an der Oker sowie Bar“ des Steigenberger Parkhotels in Braunschweig und darüber hinaus anerkannter Berater für Deutsche Weine. Im Gespräch mit der Neuen Braunschweiger räumt er mit Klischees auf und gibt wertvolle Tipps rund um den Wein.

Naturkork nicht nötig

Beispielsweise, wenn es um die vielzitierte Regel „Weißwein zu hellem Fleisch, Rotwein zu dunklem Fleisch“ geht. Sonemann: „Jein. Ein kräftiger Chardonnay-Weißwein aus einem Eichenfass geht auch zu dunklem Fleisch. Genauso kann man einen frischen Rotwein wie einen Trollinger gut zu Geflügel anbieten. Entscheidend ist die geschmackliche Intensität des Weins.“

Auf die Frage nach der besten Trinktemperatur hat Experte Sonemann eine überraschende Antwort: Die Definition „Zimmertemperatur“ stammt aus der Zeit der mittelalterlichen Klöster und weicht von unserem heutigen klimatischen Wohlbefinden ab: „Junge leichte Rotweine genießt man am besten bei 14 bis 16 Grad, kräftige bei 18 bis 20 Grad. Weißwein wird am besten auf 9 bis 13 Grad temperiert.“ Generell gelte: Leichte Weine werden kälter getrunken. Wichtig ist, den Wein 1 bis 2 Grad kälter zu lagern. Denn schon beim Öffnen steige die Temperatur um 1 Grad. Übrigens: Kalt getrunkene Rotweine gibt es auch, etwa die roten Süßweine Spaniens.

Eine Lanze bricht der Fachmann für die modernen Verschlusstechniken, die auf das Naturprodukt Kork verzichten: „Man braucht Kunstkork oder Schraubverschlüsse auf keinen Fall zu meiden. Die technischen Verfahren sind völlig ausgereift.“ Im Gegenteil: Man gehe dem Risiko aus dem Weg, dass Wein korkig schmecke oder gar Bröckchen im Glas schwimmen. Und der Schraubverschluss ermögliche auch das bessere Lagern einer angebrochenen Flasche: „Ein gezogener Naturkorken schließt nicht mehr fest ab.“ Indes: Die Inszenierung des Weinöffnens, eine besondere Kunst, geht natürlich mit einem Schraubverschluss verloren. Aber: Inzwischen verzichten auch Spitzenhersteller auf Naturkork für ihre Weine.

Immer wieder stellt sich die Frage nach dem passenden Glas. An dieser Stelle kürzt Sonemann ab: „Man braucht in einem Privathaushalt keine sechs verschiedenen Sätze Weingläser. Universalgläser reichen für den Genuss vollkommen aus. Eventuell noch bauchige Gläser für Rotweine, der dann besser oxidieren und ‚atmen‘ kann.“ Das Wichtigste: „Sauber müssen die Gläser sein.“
Einen Grund übrigens, Weine vom Discounter zu verschmähen, sieht Marcus Sonemann nicht.

„Die Discounter werden immer besser. Es gibt da Top-Sortimente.“ Allerdings schadet ein Blick auf die Deklarierung der Flasche nicht: „Erzeuger“ bedeutet, dass ein einziger Hersteller die Traube durch jeden einzelnen Schritt bis zum fertigen Wein gebracht hat, also ein wichtiges Qualitätsmerkmal. Steht „Abfüller“ auf der Flasche, kann ein Produzent auch verschiedene Trauben von anderen Winzern aufgekauft und zu einem Wein gemacht haben.

Deklarierung beachten

Und wohin dann mit der neuen Weinlieferung? „Wenn Rotwein länger gelagert werden soll, empfiehlt sich eine liegende Lagerung. Naturkorken sollten nicht austrocknen. Weißwein kann aber stehen bleiben.“ Und eine angebrochene Flasche? Wie lange hält die? Klare Antwort: „Ein guter Wein bleibt nicht lange offen.“

Einen eigenen Favoriten für einen schönen Sommerabend hat Experte Sonemann auch: „Ein Silvaner, genauer der 2016er Bickel Stumpf – das ist eine schöne, leichte Traube, ein Wein mit einem tollen Geschmack für einen besonderen Abend.“

Das Steigenberger Parkhotel in Braunschweig mit seiner Auswahl von mehr als 20 offenen Weinen nimmt in der Unternehmensgruppe eine Sonderstellung ein. „Wir haben eine ganz eigene Karte mit unseren eigenen Schwerpunkten“, erklärt Alexandra Bensky, Verkaufs- und Marketingleitung. Dazu passend gibt es die beliebten Wein-Events – als nächstes den Winzerabend mit dem Weingut Torres am 9. November ab 18.30 Uhr. Reservierung unter 0531/48 22 20.

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