Braunschweig/Region. Das sind ja geradezu paradiesische Aussichten: Bus- und Bahnfahren für gerade einmal neun Euro und das einen ganzen Monat lang, unabhängig von Tarifzonen und Tarifverbänden. Schon im Juni soll es losgehen.
Die NB fragte nach, wie weit die Vorbereitungen gediehen sind oder ob wir demnächst mit langen Gesichtern vor Ticketschaltern und -automaten stehen werden.
Holger Klages vom Fahrgastverband Pro Bahn, er ist Vorsitzender des Regionalverbandes Braunschweig-Hildesheim, sieht das Angebot der Bundesregierung durchweg positiv. „Für viele, die den ÖPNV kennenlernen möchten, ist das eine schöne Sache“, sagt er uns am Telefon. Er findet es gut, dass die Bundesregierung bei ihrem Entlastungspaket für gestiegene Energie- und Lebensmittelpreise nun den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in den Fokus nimmt. Bislang sei es immer nur um die Entlastung der Autofahrer gegangen.
Einen solchen Reiseleiter oder Zugbegleiter im ganz wörtlichen Sinn wie Holger Klages wünscht man sich. Der Vorsitzende des Regionalverbandes Braunschweig-Hildesheim des Fahrgastverbandes Pro Bahn kennt jede Zugverbindung zwischen Hildesheim und Helmstedt, zwischen Harz und Heide. In diesen Tagen plant er gemeinsam mit seiner Frau den Urlaub – natürlich mit der Bahn. „Es geht an den Chiemsee“, verrät er.
Das verbilligte 9-Euro-Ticket findet er rundum gut, da es für viele Menschen einen Anreiz bringen könnte, das ÖPNV-Angebot auszutesten. Interessant sei das nicht nur für Freizeitfahrten. Nach Zeiten im Homeoffice pendeln er und seine Frau mit der Bahn an zwei Tagen wieder zur Arbeit nach Hannover. „Auch wir sind weiterhin auf das Auto angewiesen, aber für die Menschen, die im ländlichen Raum wohnen, müssen es dann vielleicht nicht zwei Autos sein, sondern es reicht eins.“ Vor diesem Hintergrund mache es allemal Sinn, sich mit den Bus- und Bahnverbindungen zu beschäftigen. Klages hofft, dass es nicht bei diesem „Strohfeuer“ und der einmaligen Vergünstigung zunächst über drei Monate bleibt, sondern längerfristig etwas für die Attraktivität des ÖPNV getan wird.
Sein einziger Kritikpunkt ist die Kurzfristigkeit, mit der das Angebot nun auf Schiene und Straße gebracht wird, denn Bus- und Zugkapazitäten seien lange im Voraus vertraglich festgezurrt. Es sei von daher kaum möglich, auf eine kurzfristig steigende Nachfrage zu reagieren. Auf Fahrten in Richtung Küste oder nach Berlin könnte es eng werden. „Dann stehen Sie in Magdeburg mit 200 Leuten vor einem Triebwagen mit 70 Plätzen“, sagt er. Abraten würde er von Reisezielen wie Westerland auf Sylt, einmal abgesehen davon, dass man dort nicht begeistert ist von der Aussicht auf einen Massenansturm von Leuten vom Land, die einfach mal vorbeigucken. Dann doch lieber in den Harz. „Da sind freie Kapazitäten vorhanden“, sagt Klages.