29. Mai 2018
Aktiv

Geschichte zum Nachlesen vor Ort

Die historischen Straßennamen im Magniviertel werden jetzt auf Schildern erläutert.

Initiatoren und Förderer mit den Texten für die Schilder: (v.l.) Giacobbe Matteo, Bettina Hofmann, Ingo Schramm, Helge Böttcher, Heike Zander, Jürgen Köpke, Henning Böger, Rüdiger Steinmetz, Karin Heidemann-Thien, Dr. Hans-Ulrich Ludewig. Foto: Konrad

Von Andreas Konrad, 30.05.2018.

Braunschweig. Ein Hauch von Historie weht immer durch das Magniviertel. Fachwerk, die Kirche und natürlich das Kopfsteinpflaster bilden diesen ureigenen Charme. Einen großen Teil der Historie erzählen aber vor allem die Straßennamen. „Bildung im Vorübergehen“ heißt ein Projekt, das deren Bedeutung jetzt für jeden erlesbar macht.

Mit einer Einzelinitiative für die Erläuterung der Bedeutung der Kuhstraße unter dem Straßenschild im Mai 2016 fing alles an. Diese Idee griff die Bürgergemeinschaft des Magniviertels mit finanzieller Unterstützung der Bürgerstiftung nun auf. In einem zweiten Schritt folgte gestern die Freigabe der Erläuterungen zu den Straßen Ackerhof, Herrendorftwete, Karrenführerstraße, Langedammstraße, Magnikirchstraße und Ölschlägern. Die restlichen Straßen des Magniviertels sollen nach den Sommerferien folgen.
Eine Besonderheit der Straßennamen ist, dass keiner von ihnen auf eine natürliche Person zurückgeht, was auch der Grund ist, warum die Stadt selbst nicht aktiv wurde, weil sie eben nur Namensträgerstraßen beschildert.

Deshalb war es auch besonders schwierig für den Historiker Dr. Ulrich Ludewig, dem wissenschaftlichen Kopf hinter dem Projekt, die vielen Informationen zu einer Straße für ein kleines Schild aufzubereiten. Und das bei einer Straßengeschichte von teilweise mehr als 1000 Jahren. So verweise zum Beispiel der Name Herrendorftwete auf die Anfänge der Stadt Braunschweig, berichtet Ludewig. Der Straßenname beziehe sich auf eine im 9. Jahrhundert an dieser Stelle entstandene bäuerliche Siedlung, die aus dem Spätmittelalter unter der Bezeichnung „Herrendorf“ überliefert und ursprünglich durch eine Straße erschlossen wurde. Später schrumpfte die Straße durch Bebauung zur Twete (Gasse).

Dieses gesammelte Wissen auf vier Zeilen zu schrumpfen, länger sollten die Schilder nicht sein, sei eine der größten Herausforderungen gewesen, berichtet Karin Heidemann-Thien, Vorstand der Bürgerstiftung, Magni-Pastor Henning Böger, im Ehrenamt zweiter Bürgerschaftsvorsitzender, freut sich auf die für alle sichtbaren Informationen: „Alle Besucher können beim Bummeln nun die Geschichte unseres traditionsreichen Viertels mitlesen. Das ist im wahrsten Sinne des Wortes ’Bildung im Vorübergehen‘ für alle!“

Ölschlägern

Der Name bezog sich bis 1857 nur auf den Teil dieser Straße, der vom Ackerhof bis zur Kuhstraße reichte. Der Abschnitt zwischen Ackerhof und Ritterstraße hieß früher „Am Magnikirchhof“. Im Ölschlägern hatte das Ölschlägerhandwerk seinen Sitz. Viele Gewerbetreibende hatten früher ihre Wohnung und ihren Betrieb in bestimmten Straßen. 1392 ist ein „olslegerhuse“ belegt, 1401 kommt die Bezeichnung „in denolsclegern“, später „Ölschlägern“ vor.

Ackerhof

Der Ackerhof gehört zu den ältesten Plätzen der Stadt und liegt im Zentrum des Magniviertels. Auf den Platz münden heute die Straßen Ölschlägern, Langedammstraße, Schloßstraße und Magnikirchstraße. Der Platz hieß früher „Schild“, eine Benennung, die im Mittelalter häufig gewählt wurde, wenn zwei Straßen in stumpfem Winkel aufeinandertrafen, wodurch ein schildförmiger Platz entstand. „Uppe dem Schilde“ ist seit 1427 als Bezeichnung nachgewiesen. Später hieß der Platz Ziegenmarkt, danach „vor dem Ackerhofe“, dann wieder „auf dem Schild“.
Erst ab 1858 behauptete sich der Name „Ackerhof“. Die Bezeichnung „Ackerhof“ bezog sich auf ein Grundstück, das sich von der Friesenstraße zur Langedammstraße und der damals existierenden Stobenbrücke erstreckte und ein herzoglicher Ackerhof war. Im Jahr 1254 schenkte ihn Herzog Albrecht dem Marienhospital. Mitglieder des Hospitals betrieben am „Ackerhof“ Acker- und Gartenwirtschaft.

Karrenführerstraße

Die Straßenbezeichnung kommt um 1700 auf. Hier sollte möglicherweise an das Gewerbe der Karrenführer erinnert werden. Allerdings ist nicht bekannt, dass hier jemals Karrenführer gewohnt haben. Das Gebiet zwischen Langedammstraße und Karrenführerstraße wurde im 2. Weltkrieg völlig zerstört. Es hieß zwischen 1951 und 1973 Karrenführerplatz. Erst mit der Errichtung des Kaufhauses „Horten“ kam der Name zurück.

Langedammstraße

Die Langedammstraße tritt unter diesem Namen erst 1688 auf. Bis dahin hieß sie „Damstrate“, zuweilen auch „uppe dem Damme“. Als „Damstrate“ reichte sie von der 1837 verschwundenen Stobenbrücke bis zur Magnikirche, so dass die heutige Magnikirchstraße ein Teil von ihr war. Sie bildete im Mittelalter zusammen mit dem „Damm“ den Haupthandelsweg durch die Stadt in Ost-West-Richtung.

Magnikirchstraße

Die Straße galt im Mittelalter als Teil der Langedammstraße. Im 17. Jahrhundert zählte die Straße zum benachbarten St. Magni-Kirchhof, dem heutigen Platz südlich St. Magni. Später ist der Name „Ferkenstraße“ gebräuchlich. Dieser Name hat sich bis 1875 behauptet. Er leitet sich wahrscheinlich von „vedeke“ (Vaterschwester/Tante) ab. Am Ende der Straße steht St. Magni. Die Kirche wurde 1031 von dem Halberstädter Bischof geweiht. In der Weihurkunde findet sich die erste Erwähnung des Stadtnamens „Brunesguik“.

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