Braunschweig. Der Antrag von CDU, SPD, Grünen, FDP, Linken und BIBS sowie die Antwort der Verwaltung zum Thema Hagenmarkt hat zu zahlreichen Reaktionen geführt. Hier einige Stimmen.
Die BIBS zum vorangegangenen Beteiligungsprozess und der Haltung der Fraktionen: „Die von den Fraktionen gemachten Vorschläge waren der Verwaltung in ähnlicher Form schon seit dem Herbst bekannt. Sie fanden in der überarbeiteten Vorlage allerdings keine ausreichende Berücksichtigung. Der Verwaltung war es im Vorfeld nicht gelungen, die diversen Vorschläge und Wünsche der Bürgerinnen und Bürger in die Planung aufzunehmen. So gab es im ersten Bürgerworkshop beispielsweise die Vorschläge „Grüne Piazza“ und „Hagenwald“, die beide deutlich mehr Bäume und Grün beinhalteten als die Verwaltungsentwürfe und dann ohne Erklärung in der nächsten Beteiligungsrunde aus dem Diskussionsprozess verschwanden. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass die Verwaltung sich von Anfang an weitgehend auf die Pläne von Stadtplaner Ackers festgelegt hatte. So gerät Bürgerbeteiligung zur reinen Bürgerinformation.“
Bündnis 90/Die Grünen: „Wir halten den Vorschlag des Oberbürgermeisters und des Stadtbaurates für sehr konstruktiv. Daher tragen wir auch mehrheitlich den geplanten Neustart beim Hagenmarkt mit. Unsere Ratsfraktion hat sich in den letzten Tagen sehr intensiv mit dem genannten Thema befasst. Dabei haben wir mehrheitlich festgestellt, dass der Planungsprozess tatsächlich ziemlich aus dem Ruder gelaufen ist. Den interfraktionellen Änderungsantrag vom 28. April halten wir im Nachhinein für das verzweifelte Ziehen einer Notbremse angesichts einer festgefahrenen Diskussion. Es handelte sich um den politisch nachvollziehbaren, aber fachlich nicht ausgereiften Versuch, eine tragfähige Lösung hinzubekommen. Wir werden uns nicht weiter an diesen Antrag klammern und hoffen sehr, dass die anderen Fraktionen das auch nicht tun werden. Schließlich sollte die Politik daran interessiert sein, gemeinsam mit der Verwaltung aus der aktuellen Sackgasse herauszukommen. Das sind wir auch den vielen Bürger*innen schuldig, die sich für die Neugestaltung des Hagenmarktes engagiert haben. Hier sehen wir uns als Grüne besonders in der Pflicht, da wir das entsprechende Beteiligungsverfahren im November 2017 selber in Gang gesetzt haben – siehe http://gruene-braunschweig-ratsfraktion.de/hagenmarkt-gruene-fuer-beteiligungsprozess-planungswerkstatt/. Aber auch die anderen Parteien sollten aus der verunglückten Debatte lernen und überlegen, wie sie zukünftig mit solchen Verfahren umgehen wollen.“
Bürgerinitiative Baumschutz: „Das (die Bürgerbeteiligung) war eine reine Alibiveranstaltung. Mehrere Bürger und Initiativen haben Ideen und Planungsvorschläge dort eingebracht, wie zum Beispiel das „Amphitheater“ und den „Hagenwald“. Diese wurden zwar lobend erwähnt, in den Workshops aber komplett ignoriert, wie auch der vielfach vorgebrachte Wunsch nach dem Erhalt der Robinien. Die Rolle der Teilnehmer wurde darauf beschränkt, verschiedene Entwurfsvarianten des Büros Ackers zu diskutieren und zu bewerten. Die Bürgervorschläge wurden überhaupt nicht diskutiert. Viele haben sich deswegen enttäuscht zurückgezogen. Wir begrüßen, dass sechs Fraktionen die Vorlagen mit einem gemeinsamen Änderungsantrag zurückgewiesen haben. Da viele Bürger:innen jedoch weiter reichende Wünsche haben, mischen wir uns jetzt mit einer Online-Petition in die Diskussion ein.“
Bernd Schroers, Sprecher der Interessen- und Werbegemeinschaft Casparistraße zur Aussage von OB Ulrich Markurth („Was da in der vergangenen Woche im Planungsausschuss passiert ist, ist verheerend und hat das Potential, Vertrauen in Bürgerbeteiligungsprozesse zu erschüttern, wie wir sie idealtypisch mit dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept eingeführt haben und die derzeit auch ein wichtiger Bestandteil des Planungsprozesses für den Stadtbahnausbau sind. Bei den Bürgerinnen und Bürgern bleibt der Eindruck: Wir haben zusammen über Monate diskutiert und gemeinsam Lösungen und Kompromisse gesucht – und am Ende setzen sich auf den letzten Metern doch wieder einzelne, organisierte Interessen durch. Ich finde, das ist ein ganz dramatisches Signal.“ ): Trotz Ratsbeschluss von 2018 zum ISEK 2030: „Bestandsgrün jeder Art (von Standorten einzelner Straßenbäume bis hin zu zusammenhängenden Grünanlagen) zu schützen“, wird eine Flächenversiegelung vorgenommen. Mit (Stadt-)Klimaschutz hat dies sehr wenig zu tun! Und: Ich bin nicht ein einzelner, vertrete auch nicht organisierte Interessen, sondern versuche das zu vermitteln, was die überwiegende Mehrheit der Bürger dieser Stadt von einem Platz mitten in ihrer Stadt erwarten: Aufenthaltsqualität!! – eine grüne Oase!! Eine vernünftige Planung! Und keinen Platz mit einer nicht funktionierenden wassergebundenen Decke – sowie dafür einige Meter weiter einen neuen Pocket-Park -, unzureichende Fahrradständer, fehlende Abfallbehälter, etc. Erklären Sie das den Steuerzahlern…“
Leserin Claudia Gronen: „Nachdem die Verwaltung in der Hagenmarkt-Diskussion lange Zeit den ‚Respekt‘ vor der Bürgerbeteiligung der Werkstätten hochgehalten hatte und den von 6 Fraktionen gefassten Beschluss der Politik zum Erhalt der Grünanlage sogar als ‚verheerendes Signal‘ dramatisiert hatte, schlägt die Verwaltungsspitze nun einen noch tolleren Purzelbaum: Sie schlägt einen kompletten Neustart im Planungsprozess vor – sie wischt also die eben noch so Hochgehaltene glattweg vom Tisch. Wenig überzeugend. Ein wirklich ‚verheerendes Signal‘ ginge doch wohl auch eher von der Missachtung des wohlfundierten Beschlusses eines demokratisch legitimierten Gremiums aus. Indes: Mit der Einsicht der Verwaltung, dass die bisher vorgelegten Planungsentwürfe keine Zukunft haben, ist nun das letzte Argument gefallen, welches gegen einen Erhalt der Hagenmarkt-Grünanlage hätte sprechen können. Hingegen bestehen allerdings weiterhin so viele andere, kluge Argumente für den Erhalt. Und nicht zuletzt gebietet es die Gesetzeslage, denn der Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel sind im Bau-Gesetzbuch verankert. Keine Kür – sondern Pflicht, und Verpflichtung für die Menschen von heute ebenso Verantwortung für unsere nachfolgenden Generationen.“