21. Januar 2023
Buntes

Heiß begehrt und sehr erfolgreich

Eine Ausstellung im Altstadtrathaus stellt Produkte und Firmen „made in Braunschweig“ vor

Damenhaft elegant: Die verstorbene Queen Elizabeth liebte ihre Rollei S35 Gold und nutzte sie zu den verschiedensten Anlässen (hier ein Foto von der Windsor Horse Show aus dem Jahre 1978). Foto: Getty Images / Anwar Hussein; Repro: Harald Duin

Als die Queen bei der Windsor Horse Show 1978 auf den Auslöser ihrer Kamera drückte, hielt sie eine Rollei in den Händen. „Her Majesty“ war Zeit ihres Lebens ein Fan der Technik „made in Braunschweig“.

Natürlich knipste Elizabeth II. nicht mit irgendeinem Modell, sondern – ganz royal – mit einer vergoldeten und ganz besonders edlen Sonderedition. Auch der Fotojournalist Andreas Feininger schwor auf die Braunschweiger Marke. Die Fotos, die er mit seiner Rolleiflex schoss, erschienen im legendären Life-Magazin. Beide Kameras – die 35s in Gold und die zweiäugige Flex – liegen aktuell hinter Glas im Altstadtrathaus und sind zwei Highlights der neuen Dauerausstellung „Mensch, Maschine!“. Mit ihr zeigt das Städtische Museum ab sofort ein längst überfälliges Kapitel Braunschweiger Geschichte: Die großen Industrieunternehmen und ihre weltweit beachteten Produkte.

Heinrich Büssing setzte mit seinen Motorenwerken und der ersten regelmäßig verkehrenden Postomnibuslinie zwischen Wendeburg und Braunschweig Landmarken. Foto: Birgit Wiefel

„Bislang konzentrierte sich die Ausstellung auf die politische und kulturelle Entwicklung, jetzt zeigen wir auch die Wirtschaftsgeschichte“, freut sich Dr. Peter Joch, Direktor des Städtischen Museums, über den rund 300 Quadratmeter großen Bereich im Untergeschoss. Der ist für die Vielzahl der Unternehmen und Erfindungen fast ein bisschen zu knapp bemessen, weshalb Joch und die Kuratorin Dr. Christina Axmann notgedrungen eine Auswahl treffen mussten. „Die Objekte aus dem Maschinenbau sind einfach zu riesig“, erzählt Axmann von den räumlichen Grenzen. Dafür überrascht „Mensch, Maschine!“ aber mit der einen oder anderen skurrilen Geschichte. Etwa über die Büssingfahrer, die die blanken, offene Chassis ohne Aufbau und bei Wind und Wetter zur Weitermontage an ihren Bestimmungsort fuhren. „Gestalten wie aus einem Film“, sagt Joch über die Männer mit schwarzem Ledermantel, Kappe und Schutzbrille.

Von Panther bis Voigtländer

Doch wer zählte zu den Braunschweiger Schwergewichten zwischen 1850 und 1960? Wer machte weit über die Grenzen der Stadt von sich reden? Schuf Produkte, die weltweit geschätzt und benutzt wurden? Die Ausstellung stellt sie vor: die MIAG, die Pantherwerke, die Brunsviga Maschinenwerke und Grimme, Natalis & Co., die Max Jüdel Eisenbahnsignal-Bauanstalt, die Heinrich Büssing Spezialfabrik, die Firmen Rollei und Voigtländer. Sie alle revolutionierten auf die eine oder andere Weise den Maschinen- und Mühlenbau, das Verkehrswesen, die optische Industrie, die Buchhaltung und die Lebensmittelverarbeitung. Braunschweiger Konserven wurden im Ersten Weltkrieg an die Front geliefert. Heinrich Büssing wurde mit seinen Omnibusse und Lastwagen fast so etwas wie ein früher „Global Player“, er expandierte mit Beginn des 20. Jahrhunderts in alle wichtigen Städte Europas.

Schattenseiten

Der Erfolg hatte allerdings auch seine Schattenseiten, denn er wurde zumeist auf dem Rücken der Arbeiter – vor allem der Arbeiterinnen – ausgetragen. Bis zu zwölf Stunden am Tag produzierten die Frauen in Kriegszeiten Wellblechdosen bei Schmalbach, um sich anschließend um Haushalt und Kinder zu kümmern. Der Unternehmer Max Jüdel erkannte die Zeichen der Zeit und kümmerte sich mit einer Arbeiter- und Witwenpension sowie weiteren Stiftungen um das Wohl seiner Arbeiter. „Er ist in dieser Hinsicht der Counterpart zu Heinrich Büssing, der der Arbeiterbewegung eher ablehnend gegenüberstand“, ordnet der Museumsdirektor ein.
Es empfiehlt sich, eine der öffentlichen Führungen zu besuchen, die jeden ersten und dritten Sonntag im Monat, jeweils ab 14 Uhr stattfinden. Außerdem sind Exkursionen entlang des Ringgleises geplant, an dem die meisten Unternehmen angesiedelt waren. Der Eintritt zur Ausstellung ist frei, geöffnet ist das Städtische Museum dienstags bis sonntags sowie an Feiertagen von 10 bis 17 Uhr. Weitere Infos: www.braunschweig.de/museum.

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