Von Birgit Leute, 25.09.2013
Braunschweig. Einen Satz kann Nikolaus Hipp überhaupt nicht leiden: „Ach du je: Jetzt malt der auch noch!“ Der Chef des Hipp-Konzerns – besser bekannt als Claus Hipp – tritt deshalb am liebsten mit zwei verschiedenen Vornamen auf. 100 seiner abstrakten Werke sind – zum ersten Mal in Norddeutschland – in der Jakob-Kemenate zu sehen.
Generationen von Kindern dürften mit seinen Gläschen aufgewachsen sein. Seit mehr als
40 Jahren steht Claus Hipp an der Spitze des gleichnamigen Lebensmittelimperiums, das inzwischen bis nach Osteuropa reicht. Auch seine fünf Kinder arbeiten bereits tatkräftig im Unternehmen mit.
Was viele allerdings nicht wissen: Der ruhige, äußerst korrekte und im Gespräch ein bisschen undurchdringlich wirkende Bayer aus Pfaffenhofen ist nicht nur Manager mit Leib und Seele. Er malt auch – nicht irgendwie, nicht nebenbei, sondern ernsthaft.
„Parallel zu meinem Jurastudium habe ich auch die Münchner Kunsthochschule besucht“, erzählt Hipp. Das Talent zum Malen hat er geerbt: Schon sein Großvater und Vater griffen zu Pinsel und Staffelei, Claus Hipp machte aus dem Hobby der beiden ernst. „Es war klar, dass ich das Unternehmen meines Vaters einmal erben würde, deshalb kam ein Leben als Künstler nicht infrage“, erinnerte er sich an wichtige und nicht immer ganz leicht zu akzeptierende Weichenstellungen in seinem Leben.
Dennoch – ganz aufgegeben hat Hipp die Kunst nie: Unter seinem Geburtsnamen Nikolaus machte der heute 74-Jährige als Maler Karriere. Seine ausschließlich abstrakten Werke waren bereits in Berlin, Brüssel und New York zu sehen. Er erhielt 2000 den Franz-Kafka-Kunstpreis in Prag und unterrichtet seit 2001 an der Kunstakademie in Tiflis, Georgien.
Malen: Das ist für Hipp nicht bloß Entspannung vom Managerstress. „Ein Bild zu schaffen, ist für mich genauso anstrengend oder anspruchsvoll, wie ein Unternehmen zu leiten“, erzählt er von der manchmal schwierigen „Geburt“ seiner Werke. Vor allem zum Ende hin, wenn nur noch wenige Pinselstriche fehlten, bräuchte er viel Zeit. „Da vergehen manchmal Wochen, bis ich mir das Bild wieder vornehme und weitermale – oder es zerstöre, weil es mir nichts mehr sagt.“ Hipp konzentriert sich dabei auf die Formen. Vor allem seine großformatigen Werke laden den Betrachter ein, über die Strukturen zu wandern und dabei bekannte Muster oder eine ganz eigene Interpretation zu finden.
Dass der Bayer überhaupt seine zahlreichen Tätigkeiten – neben Maler und Manager ist Hipp auch noch Honorarkonsul von Georgien, Ehrenpräsident der Münchner Industrie- und Handelskammer, Musiker und inzwischen elffacher Großvater – liegt an seiner eisernen Disziplin: „Ich stehe sehr früh auf, widme mich tagsüber den Geschäften und abends dem Malen“, erzählt er von seinem manchmal übervollen Alltag.
Doch bei allem Stress: Bereut hat er die Entscheidung auch Maler zu sein nie. „Wir legen heute viel zu viel Gewicht auf die Kopfarbeit, und vergessen allzu oft: Das Kreative ist genauso wichtig und macht uns als Menschen erst vollständig.“
Service:
• Die Ausstellung „Nikolaus Hipp – Alles ist Licht“ ist noch bis zum 8. November in der Jakob-Kemenate, der Martinikirche und dem Amtsgericht zu sehen.
• Sie ist Teil der Reihe „Künstlerische Mehrfachbegabungen“, mit der die Jakob-Kemenate bereits Kunst von Günter Grass, Hermann Hesse und Otmar Alt nach Braunschweig holte.
• Öffnungszeiten: täglich
10 bis 18 Uhr, Eintritt: fünf Euro. Alle Informationen zur Ausstellung und zum Rahmenprogramm auch unter www.jakob-kemenate.de .