4. Februar 2014
Kulturelles

Im Tunnel wird es schmutzig!

Am Sonnabend gastiert die „Fluid Chamber“-Party im Stereowerk – Interview mit DJ Fresh Meat.

DJ mit Köpfchen: Jan Kühn alias Fresh Meat schreibt derzeit seine soziologische Doktorarbeit über die Berliner Technoszene. oh

Von Christoph Matthies, 05.02.2014.

Auf der „Fluid Chamber“- Party im Stereowerk dürfen sich Fans elektronischer Musik am Sonnabend (ab 22 Uhr) auf Drum-and-Bass und Techno mit Abgeh-Garantie freuen. Während die britische D&B-Größe N3gus den Mainfloor beschallen wird, macht Fresh Meat (Berlin Mitte Institut) den Tunnelfloor unsicher. Ein Interview mit dem DJ und Blogger zu seiner großen Leidenschaft: dem Techno.

?Seit den frühen Neunzigern gilt Berlin als europäische Techno-Hauptstadt. Wird die Stadt diesem Ruf heute noch gerecht?

!Absolut. Berlin bietet eine große Vielfalt an Clubs, Bars und hin und wieder auch großartigen „Off-Locations“, die tolle Partys ermöglichen.

?Gibt es in Berlin Entwicklungen, die dich als DJ und Liebhaber elektronischer Musik beunruhigen?

!Ja, sehr sogar. Galoppierende Gentrifizierungsprozesse sorgen dafür, dass die Techno-Szenewirtschaft immer weiter aus dem Stadtkern gedrängt wird, und gerade eher subkulturell orientierte Menschen es sich immer weniger leisten können in Berlin zu wohnen. Von der Stadtpolitik wird die Musik auch nur als Standort- und Wirtschaftsfaktor gesehen.

?Du legst regelmäßig in der Hauptstadt auf, verläufst dich am Sonnabend aber mal zu uns in die Provinz. Wie kam es zu dem Gig, und was erwartest du von der Party hier in Braunschweig?

!Provinziell finde ich Braunschweig gar nicht, eher angenehm entschleunigt im Vergleich zur Dauerhektik Berlins. Außerdem gibt es schöne Natur drumherum, und der Harz ist nahe! Der Veranstalter Benny kennt mich von meinen Berlin-Mitte-Institut-WebTV-Sendungen und hat mich in der Bar Pantone erkannt. Wir haben erzählt und schon wenige Tage später den Gig am 8. Februar im Stereowerk festgezurrt. Die Party wird cool werden! Meine Freundin ist Tänzerin am Staatstheater Braunschweig und bringt ihre Kollegen mit. Die haben richtig Lust auf ’ne andere Location, gehen sonst nur ins Brain.

?Stichwort Brain: Spielen Drogen in der elektronischen Musik noch die große Rolle, wie das in den neunziger Jahren ganz offensichtlich der Fall war?

!Von dem, was mir Leute erzählen, die aktiv in den frühen 90er dabei waren, wurde früher mehr und heftiger genommen. Heute gehören Drogen auch dazu (aber bei weitem nicht für alle), es wird aber bedacht und reflexiv konsumiert. Letztendlich geht es darum, die Musik und die Partygemeinschaft euphorischer, erfüllender und länger erleben zu können – ohne die negativen Folgen falschen Gebrauchs. Eine recht rationale Form des Konsums. Für viele in der Szene ist es bis heute nicht nachvollziehbar, warum sie dafür kriminalisiert werden.

?Viele Menschen denken beim Begriff Techno noch an Blümchen, Marusha oder Mark ’Oh. Damit hat diese Musikrichtung aber nicht mehr viel zu tun, oder?

!Der Techno, den ich spiele, und für den auch Berlin bekannt ist, hat damit nichts zu tun. Ähnlich war das auch schon in den 90ern, und ist es heute: In den Undergroundszenen lief und läuft Detroit Techno, Chicago House und vieles aus England. Aber es gibt auch heute noch elektronische Tanzmusik als Mainstream-sound: zum Beispiel David Guetta, Avicii, Zedd oder Lady Gaga. Sogenannter „EDM“.

?Was für ein Set können wir von dir in Braunschweig erwarten?

!Ich will nicht zu viel versprechen, aber: Es wird schmutzig. Eine Reise zwischen House, Techno und Breakbeats. Mal softer, mal härter, mal frech, mal lieblich – aber niemals beliebig!

Auch interessant