Innenstadt. „Unsere neue erste Klasse“, sagt Joachim Hempel und blickt auf ein Foto, das er aus Addis Abeba gemailt hatte. Das Bild zeigt ihn, wie er sich verbeugt und einem kleinen Mädchen die Hand küsst. „So zeigen sonst unsere kleinen Schüler ihre Dankbarkeit und ihren Respekt uns Erwachsenen gegenüber“, erklärt Hempel, „das wollte ich jetzt einmal andersrum machen.“
Joachim Hempel ist seit August wieder in Äthiopien an der Deutschen Kirchengemeinde als Pastor – für ein halbes Jahr. Im Gepäck hatte er, wie immer wenn er nach Äthiopien reist, Spendengelder, die er unermüdlich für „seine“ Kinder sammelt. Auch der Erlös vom „Jazz-an-der-Oker-Konzert“, das die NB jedes Jahr mit der Saratoga Seven Jazzband am Steigenberger Hotel veranstaltet, ist längst bestens angelegt. „Unsere Kinder hier sind die Ärmsten der Armen“, erklärt Hempel, der für einen Kurzbesuch in Braunschweig war. Jedes Jahr bewerben sich 100 Familien darum, ihr Kind auf die Deutsche Kirchenschule schicken zu dürfen, 35 können nur aufgenommen werden.
„Dieses Jahr hatten wir zur Einschulung wieder Ehemalige eingeladen“, erzählt Hempel, „junge Menschen, die ihr Studium abgeschlossen und erfolgreich in einen Beruf gestartet sind.“ Piloten, Ärztinnen, Krankenschwestern, Ingenieure, Polizisten stellten sich den Erstklässlern vor, die kamen aus dem Staunen gar nicht raus. Voller Ehrfurcht und Respekt standen sie vor den ehemaligen Schülern und küssten ihnen die Hände. „So eine Begegnung gibt unseren Kleinen ganz viel Mut“, weiß Hempel aus Erfahrung.
Die Ehemaligen hatten für die Erstklässler ein Schulheft mitgebracht. „Für jeden ein eigenes Schulheft“, betont Hempel, „und von den Spenden aus Braunschweig haben wir für jedes Kind einen Rucksack gekauft. Die Kleinen waren regelrecht starr vor Glück“, berichtet der ehemalige Domprediger Hempel.
„Es hat sich in Äthiopien eine Menge verändert in den vergangenen 50 Jahren“, erzählt Joachim Hempel. 1973 waren er und seine Frau für ein Jahr nach Addis Abeba gegangen. „Die deutsche Kirche grenzte an ein Slumgebiet“, erzählt Hempel. „Pastorenfrau Gisela“ nahm die Dinge in die Hand, gründete in dieser trostlosen Umgebung einen kleinen Kindergarten. Aus diesem Projekt ist eine Schule mit mehr als 400 Schülern geworden.
„Wir gehören zu den sechs besten Schulen in der Stadt“, freut sich Hempel. Immerhin einer Stadt mit mehr als zehn Millionen Einwohnern.
Aber: „Nach wie vor finanzieren wir uns ausschließlich durch Spenden“, erklärt Hempel. Und es wird immer schwieriger. Die deutsche Gemeinde in Addis Abeba ist längst nicht mehr so groß wie vor zehn oder zwanzig Jahren und auch die Spendengemeinde in Deutschland hat sich verändert. „Die Menschen, die gern und regelmäßig Geld für ihr Patenkind geben, werden weniger“, weiß Hempel. Aber er wird nicht müde, immer wieder neue Ideen zu entwickeln und Weg zu finden, um „seine“ Deutsche Kirchenschule zu unterstützen.
Denn dass sich der Einsatz lohnt, sieht er im Moment jeden Tag. „Es einfach unfassbar, wie strahlend diese Kinder morgens hier ankommen, wie sehr sie sich freuen, in die Schule gehen zu dürfen“, ist Hempel nach wie vor begeistert.
Wer „Father Hempel“ unterstützen möchte: Evangelische Gemeinde Deutscher Sprache in Äthiopien, Bank für Diakonie und Kirche IBAN DE28 3506 0190 1011 4440 12 Verwendungszweck German Church/ Joachim Hempel.