Von Marion Korth, 30.01.2016.
Braunschweig. „Wir haben einen Lauf“, sagte Jörg Hornbug, Geschäftsführer des Braunschweiger Jobcenters. Die allgemeine Wirtschaftslage mit anhaltendem Konjunkturaufschwung und geringen Arbeitslosenzahlen spielt den Jobcenter-Mitarbeitern in die Hände, ist aber nicht allein der Grund, dass die Arbeitslosenquote für den SGBII-Bereich in Braunschweig im November 2015 mit 4,5 Prozent einen historischen Tiefstand erreicht hat.
2015 sei ein Jahr der Neuorganisation und Umstrukturierung gewesen, so wurde der gesamte Neukundenbereich neu geordnet – offenbar kein Selbstzweck. „Wir haben alles richtig gemacht“, sagte Hornburg am Mittwoch. „Wir brauchen heute weniger Geld, sind aber effektiver als früher.“
2013 hatte das Braunschweiger Jobcenter einen Pokal erhalten, weil es in der Gruppe vergleichbarer Städte bundesweit den Spitzenplatz erreichte. „Das hat sich fortgesetzt“, sagte Hornburg. Die Zahl der Bedarfsgemeinschaften und Leistungsempfänger sei weiter deutlich gesunken: von 12 049 im Jahr 2013 über 11 701 auf 11 184 Ende 2015.
Gegenüber dem Vorjahr sind durch die erfolgreiche Arbeit des Jobcenters Bundesmittel in Höhe von mehr als 618 000 Euro gespart worden, die nicht für Arbeitslosengeld II und Sozialgeld ausgegeben werden mussten. Im Vergleich mit 35 Jobcentern ähnlicher Struktur belegt Braunschweig damit bundesweit Rang eins. Aber auch auf kommunaler Ebene wurde weniger ausgegeben. Die Aufwendungen der Stadt Braunschweig, die für Leistungen wie Unterkunft oder Heizung aufkommen muss, reduzierten sich um rund 1,26 Millionen Euro.
Das Erfolgsrezept
Nicht die Frage, wer welche Leistungen erhält, stehe an erster Stelle, das werde eher nebenher geklärt. „Wir beschäftigen uns vom ersten Tag an mit dem Thema Arbeit“, erläuterte Hornburg. Durch das intensive Erstgespräch und die nachfolgende Arbeit der Jobfabriken, in denen sich die Arbeitssuchenden jeden Tag allein mit dem Thema der Neuorientierung und Bewerbung beschäftigen, erfolge die Integration in den Arbeitsmarkt zum Teil so schnell, dass 34 Prozent der Neukunden gar nicht erst in den Leistungsbezug gehen müssen. Die Jobfabriken, die mittlerweile flächendeckend im gesamten Stadtgebiet eröffnet worden sind, erreichen Vermittlungsquoten von bis zu 50 Prozent. Nach den drei Monaten dort schließe sich ein persönliches Coaching für diejenigen an, die noch keine Stelle gefunden haben. Hornburg: „Eine intensivere Beratung ist kaum möglich.“
Von den rund 19 500 Menschen, die Leistungen vom Jobcenter beziehen, sind 10 000 bis 11 000 Bestandskunden, die länger als zwei Jahre arbeitslos sind, mit zusätzlichen Problemen wie Wohnungslosigkeit oder Sucht zu kämpfen haben. „Die kennen alles, haben diverse Maßnahmen durchlaufen und dennoch gelingt es zum Teil, sie zu aktivieren“, sagte Katrin Miehe-Scholz, Bereichsleiterin Markt und Integration. Aber auch hier muss das Jobcenter andere Wege gehen, den Hebel finden, der neue Perspektiven auf Arbeit eröffnet.
An der Schnittstelle zwischen Unternehmen und möglichen Bewerbern sitzen im Jobcenter Berater, die beide – die Firma ebenso wie den Arbeitssuchenden – persönlich kennen und gezielt zusammenbringen, auch dies sei erfolgversprechender, als irgendwelche schriftlichen Vorschläge hin- und herzuschicken.
E-Akte
Das Jobcenter Braunschweig wird auch zu den ersten gehören, die die Berge von Papier und Daten digitalisieren und auf E-Akten umstellen. Viel Arbeit, allein um die mehr als 300 Mitarbeiter zu schulen. „Wir haben uns bewusst gemeldet, damit wir im August mit diesem Thema durch sind und die Flüchtlingsthematik auf uns zukommt“, sagte Hornburg.
Beratungsteam für Flüchtlinge
Mit den Flüchtlingen, die Braunschweig dauerhaft aufnehmen muss, hat das Jobcenter (noch) nichts zu tun. „Aber Braunschweig ist als Metropole anziehend für anerkannte Asylbewerber“, sagte Jobcenter-Geschäftsführer Hornburg. Diese ziehen jetzt aus umliegenden Gemeinden in die Stadt. Bislang handele es sich um 900 Menschen, 500 aus Ländern, die als unsicher eingestuft werden wie Syrien, Eritrea oder Pakistan. Mit Sprach-, Integrations- sowie auch Alphabetisierungskursen sollen sie bis zu drei Jahre begleitet werden. In einer ersten Tranche hat das Jobcenter 600 000 Euro vom Bund für diesen Bereich erhalten. Hornburg: „Wir werden ein Unterteam speziell für Flüchtlinge einrichten.“ Zunächst werde es sechs Mitarbeiter haben. Im zweiten Halbjahr 2016 werde eventuell aufgestockt.