Braunschweig. Kitas im Notbetrieb, Schulen im Wechselunterricht, Unis im Online-Modus: Corona hat das Familienleben auf den Kopf gestellt. Doch wie hat sich die Pandemie genau ausgewirkt? Was ist gut, was ist schlecht gelaufen? Und welche Fehler sollten in einer vierten Welle möglichst vermieden werden? Die Stadt hat genauer hingesehen; das sind die Ergebnisse.
„Bei Kindern und Jugendlichen haben die Probleme mit steigendem Alter zugenommen“, fasst Sozialdezernentin Dr. Christine Arbogast ein Hearing mit 70 Fachleuten zusammen. Fünf Lebensphasen wurden bei der Corona-Analyse genauer unter die Lupe genommen: Geburt, Frühe Kindheit, Kindheit, junge Erwachsene und Jugendalter. „Zum Teil haben uns die Ergebnisse überrascht“, berichten Arbogast und Martin Albinus, Leiter des Fachbereichs Kinder, Jugend und Familie.
Die Kleinsten
Frisch gebackene Eltern hätten zum Beispiel vom Lockdown durchaus profitiert. Kein Besuchsmarathon von Verwandten, stattdessen Zeit und Stille, um mit dem Baby anzukommen. „Die Kehrseite der Medaille waren reduzierte Besuchszeiten, bei denen die Väter oft ausgeschlossen waren“, so Arbogast. Dieser starke Fokus auf die Mütter sei nicht unbedingt eine gute Weichenstellung gewesen.
Kita-Kids
Eine positive Rückmeldung kam auch vom Stadtelternrat für den Bereich frühe Kindheit. „Die Kleinen haben ein stärkeres Selbstbewusstsein entwickelt“, so der Tenor. Statt langer Abschiedsdramen an der Kindergartenpforte war nur ein kurzes „Tschüss“ angesagt. „Die Kinder mussten selbst in die Gruppe gehen, sich selbst an- und ausziehen – das hat sie selbstständiger gemacht“, so Martin Albinus. Doch auch hier gab es Dinge, die nicht so gut gelaufen sind. Die Kinder wurden dicker und sprachen schlechter. „Unregelmäßiges Essen, abgesperrte Spielplätze, wenig bis keine Möglichkeiten für die Sprachförderung – das ist nicht optimal“, fasst Albinus zusammen.
Schüler
Home-Schooling, Wechselunterricht – Schüler standen in Zeiten von Corona ganz besonders im Fokus. Allerdings, so die Experten, hätte man eine Sache vergessen: Sie nicht nur als lernende Wesen, sondern auch als Jugendliche zu sehen. „Ja, es war gut, dass zum Beispiel die Jugendzentren ruhige Orte zum Lernen anboten, es offene Beratungen – etwa im Park oder als Videokonferenz – gab“, so das Fazit. „Aber man hat aus den Augen verloren, dass Jugendliche vor allem Gleichaltrige brauchen, mit denen sie sich austauschen können, denen sie ihre Sorgen und Nöte mitteilen“, sagt Arbogast. Ein weiteres Problem: das Schule schwänzen. „Schüler, die dem Unterricht fern bleiben, hat es schon immer gegeben“, betont Arbogast. Dennoch sei es möglich gewesen, sie mit ordnungsrechtlichen Maßnahmen wieder „einzufangen“.
Anders beim Video-Unterricht. Niemand hätte wirklich nachgehalten, wer anwesend war, wer nicht. „Die haben mich vergessen“, sei das vorherrschende Gefühl gewesen. „Die Schulsozialarbeit muss in den nächsten Lockdowns eine größere Rolle spielen“, fordert Arbogast.
Junge Erwachsene
Am härtesten traf der Lockdown aber junge Erwachsene. Die, die am Übergang zwischen Schule und Ausbildung oder Schule und Studium standen. „Studierende litten unter der Einsamkeit oder mussten aus Geldmangel wieder nach Hause ziehen“, beschreibt Arbogast die Schwierigkeit. Ebenso waren die Betriebe sehr zurückhaltend, was Ausbildungsmöglichkeiten betraf.
Arbogast und Albinus sind dennoch optimistisch. „Im Gegensatz zum ersten Lockdown sind wir deutlich besser aufgestellt: Wir wissen mehr über das Virus, es sind genügend Masken und Tests vorhanden, die Nachverfolgung klappt gut. Erzieherinnen und Lehrer sind zum großen Teil geimpft und wir wissen jetzt, was wichtig ist, welche Maßnahmen wir für Familien entwickeln sollten.“