29. Mai 2018
Kultur

Kriegsgräberfürsorge ist Bildungsauftrag

Zonengrenzmuseum zeigt Sonderausstellung „Geflohen, vertrieben – angekommen!?“

Bis zum 10. Juni läuft im Zonengrenzmuseum Helmstedt eine Sonderausstellung, initiiert vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., mit dem Titel „Geflohen, vertrieben – angekommen!?“. Foto: Erik Beyen

Von Erik Beyen, 29.05.2018

Helmstedt. Seit gestern läuft im Zonengrenzmuseum eine besondere Kurzzeitausstellung mit dem Titel „Geflohen, vertrieben – angekommen!?“. Initiiert hat sie der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. Das sei kein Verein für das Putzen von Grabsteinen deutscher Soldaten, wie Bildungsreferent Rainer Bendick bei einem Pressetermin dieser Tage erklärte. Ganz im Gegenteil: Kriegsgräberfürsorge sei ein Bildungsauftrag, die Ausstellung ein Baustein. Sie läuft bis einschließlich 10. Juni (Sonntag). Interessierte können sie zu den normalen Öffnungszeiten des Museums ansehen, Gruppen nach Terminabsprache auch außerhalb dieser Zeiten.
Es geht um einen neuen Umgang mit dem Thema Kriegsgräberfürsorge. Bis in die 60er Jahre hinein, so Bendick, habe man den Begriff Kriegsgrab ausschließlich mit denen deutscher Soldaten verknüpft, eine Sichtweise, die lange überholt ist, denn das sogenannte Ewigkeitsrecht greift bei den Gräbern aller in den beiden Weltkriegen und während der NS-Gewaltherrschaft umgekommenen Menschen. Bendick betont das Wort „aller“ besonders. Es verdeutlicht nämlich die Dimension dieser Aussage: Nun erinnert man sich im Rahmen der Kriegsgräberfürsorge auch jener, die etwa „als unwertes Leben“ von den Nazis getötet wurden, an Menschen mit Behinderung, an die Millionen von Juden, die vielen Soldaten anderer Nationen, den Widerstand, Ausländerkinder und all die, die die Nazis für ihre perfiden medizinischen Versuche durchgeführt haben. Die Ausstellung solle, so der Bildungsreferent, der Auftakt eines Umgangs mit dem „Begriff“ Kriegsgrab sein, den es so noch nicht gegeben hat. Sie sei außerdem ein Bückenschlag von den beiden Weltkriegen über die NS-Gewaltherrschaft bis hin zur Migrationsbewegung von 2015.

Rainer Bendick will besonders die junge Generation erreichen, aber nicht mittels Frontalunterricht, die Mädchen und Jungen sollen die Inhalte des Unterrichts selber erarbeiten. Zum Pressegespräch liegen Konzepte und Unterlagen auf dem Tisch, Material für fächerübergreifenden Unterricht. Ausstellungen will er in Schulen aufbauen, Projektarbeit initiieren, denn: Die Nazis, so der pensionierte Lehrer für Geschichte und Französisch, hätten exakt über jeden Menschen, den sie getötet haben, Buch geführt. Man könne also anhand eines Namens nicht nur Schicksale sonder auch zeitgeschichtliche, gesellschaftliche, ideologische und politische Hintergründe nachvollziehen. Ein großer Auftrag, den er da vor sich hat. In Niedersachsen gibt es übrigens vier Bildungsreferenten wie Rainer Bendick. Das verdeutlicht den Stellenwert seiner Arbeit, die seiner Meinung nach in unsere Zeit hineinspiegelt, etwa im Umgang mit dem Thema Inklusion und Teilhabe.

Info
Die Öffnungszeiten des Zonengrenzmuseums sind dienstags und freitags von 15 bis 17 Uhr, mittwochs außerdem von 10 bis 12 Uhr, donnerstags von 15 bis 18.30 Uhr sowie samstags und sonntags von 10 bis 17 Uhr. Gruppen können auch außerhalb dieser Zeiten Termine vereinbaren. Mehr über das Thema finden Interessierte im Internet unter www.volksbund-niedersachsen.de.

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