Puh – das war ein langer Termin: Zwei Grußworte, ein Impulsvortrag, drei Diskussionsrunden mit insgesamt sieben Gästen. Dazu der eher spröde Charme der coronamäßig dünn besetzten Stadthalle. Aber die Kanzlerin würde sagen „alternativlos“. Denn 30 Jahre Wiedervereinigung müssen, sollen und wollen ja irgendwie gewürdigt werden.
Und das ist auch passiert. Die Gäste, die die Wende hautnah miterlebt haben, erzählen wahre Gänsehautgeschichten. Allen voran Dr. Willi Polte, Bürgermeister in Magdeburg ab 1990, ist noch heute erfüllt von Freude und Dankbarkeit. Oder die Lehrerin Ute Mühler, die einfach so einen Brief an den damaligen Braunschweiger OB Gerhard Glogowski geschrieben und um eine Partnerklasse bat.

Vom Machen und Tun handelt der Abend, von kleinen und größeren Heldentaten. Und vom Verlieren. Das Bild, das Dr. Lutz Trümper als aktueller OB von Magdeburg zeichnet, schmerzt. Er erzählt von den Menschen, die damals arbeitslos und in den Jahren danach in Maßnahmen verwaltet wurden. „Heute kriegen sie eine Minirente. Wie sollen sie jubeln?“, fragt er ernst und fordert eine finanzielle Lösung. Dr. Gert Hoffmann spricht über sein Erleben der Wende als Regierungspräsident von Dessau /Wörlitz, von der verheerend maroden Industrie, von zu wenig Erklärung und Kommunikation. „Die psychologische Seite haben wir nicht genügend beachtet“, sagt er im Rückblick.

Spannend auch die beiden „Wessis“, Dr. Rüdiger Koch und Professor Dr. Matthias Puhle, die nacheinander zur Unterstützung der Verwaltung nach Magdeburg gingen und heute dort zu Hause sind. Und umgekehrt der „Ossi“, Professor Dr. Eckhard Fuchs, Leiter des Georg-Eckert-Instituts. Geboren 1961. „Ich gehöre zu der glücklichen Generation, die die Freiheit direkt beim Schopf gegriffen hat“, erzählt er von seinem Abflug Anfang der 90er Jahre in die USA.

Oberbürgermeister Ulrich Markurth appelliert, die Städtepartnerschaft mit Magdeburg lebendig zu halten. Mit Reden, Zuhören und Verstehen.