Die Anstrengung ist ihm ins Gesicht gezeichnet. Nach fünf Wochen und rund 3400 Kilometern ist Stefan Thelen in Istanbul angekommen. Im Mai war der gebürtige Braunschweiger voller Optimismus mit seinem Gravelbike von seinem Heimatort Wolfenbüttel aus gestartet.
„In einigen der zwölf Länder, durch die ich komme, war ich noch nie“, berichtete er damals gegenüber der NB. In dieser Woche dann die Nachricht: „Mission accomplished“. Stefan Thelen hat nicht nur sein Ziel erreicht, sondern auch eine beachtliche Spendensumme für die „Ärzte ohne Grenzen“ erradelt. Nur ein privater Zeitvertreib sollte die Tour nicht werden. „Mein Ziel ist es, für jeden gefahrenen Kilometer einen Euro zu sammeln“, war seine Losung vor der Abreise. Mehr als 2000 Euro sind bislang zusammengekommen, die Aktion läuft noch weiter bis zum 31. Dezember.
„Die erste Nacht in Istanbul habe ich wirklich gut geschlafen. Ich merke, wie mit dem Ankommen hier eine erhebliche Last von mir abgefallen ist“, schreibt er. Diese Reise, das wird klar, war kein Kindergeburtstag. Sie ging an die Substanz. Schon bald nach dem Start verzichtete der 57-Jährige deshalb auf die Übernachtung im Zelt und erholte sich lieber in Hotels und Pensionen. Abgesehen von knackigen Höhenmetern in Österreich, Albanien oder der Türkei überquerte Stefan Thelen provisorische Hängebrücken, trug sein Bike über Geröll-Wege, passierte schlecht gelaunte Hundemeuten, ließ sich nassregnen und befuhr in der Türkei sogar Autobahnen. „Es gab einige Momente auf der Reise, da habe ich nicht damit gerechnet, mit dem Rad anzukommen. Ich wollte und bin auf dieser Reise auch an meine physischen und mentalen Grenzen gestoßen. Das Gute daran ist, dass ich jetzt wieder weiß, wo diese Grenzen sind“, schreibt Thelen und ist dankbar, gesund und ohne Pannen angekommen zu sein. „Außer Kette fetten und einmal Luft nachpumpen war auch nix mit dem Rad.“
Auf seiner Reise durch zwölf Länder erlebte Thelen die Einsamkeit der Piste genauso wie intensive Begegnungen mit Menschen: In Kroatien traf er Radreisende aus Holland und Deutschland, in Albanien wurde er von einem Einheimischen kurzerhand auf einen Kaffee eingeladen, in Griechenland lernte er von einem Priester viel über die Geschichte von Christen und Muslimen in dem Land und Gökhan, ein Radhändler aus dem asiatischen Teil Istanbuls, half ihm schließlich, sein Gravelbike wieder zurück nach Deutschland zu schicken. Thelen schlief in Herbergen, die auf Bewertungsportalen keinen Blumentopf gewonnen hätten und in wunderschönen Hotels mit Frühstück auf der Dachterrasse. Bilder und Erfahrungen, die erst einmal verarbeitet werden wollen. Zum Abschluss der Reise stößt Ehefrau Iris zu ihm. „Und nächsten Mittwoch geht es dann per Flieger weiter nach Bilbao zum Start der Tour de France“, blickt der Ingenieur schon freudig auf das Geschenk zum 25. Hochzeitstag. Fortsetzung folgt? Man darf gespannt sein …
Alles zur Reise, zu Stefan Thelen und der Spendenaktion unter www.wf-istanbul.de.