5. Februar 2022
Stadtplanung

Mit den Ideensammlern unterwegs

Schwarzer Berg: Quartierhaus wird heute eröffnet – Schüler schauten sich Spielmöglichkeiten an

Leyla El Ayadi (17) und Theo Miess (16) haben sich die Spielmöglichkeiten am Schwarzen Berg angeschaut. Der Einhorn-Spielplatz am Warnekamp gefällt ihnen.  Foto: Marion Korth

Schwarzer Berg. Pünktlich zur Eröffnung des neuen Quartierhauses an diesem Sonnabend haben Leyla El Ayadi (17) und Theo Miess (16) ihre Projektarbeit fertig. Die beiden besuchen die elfte Klasse der Ricarda-Huch-Schule. Sie sind die ersten Schülerpraktikanten im Quartierhaus und durften gleich richtig mitarbeiten.

Drei Wochen Praktikum sind schon wieder um – leider. In dieser Zeit haben Leyla und Theo die Siedlung erkundet. Ihr Auftrag: Die Spiel- und Aufenthaltsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche unter die Lupe nehmen, Probleme und Potenziale aufzeigen. Wir haben uns zum Rundgang verabredet.
Kein Sandkastenwetter an diesem grauen Wintertag, Schaukeln und Klettergerüste sind verwaist. Damit war zu rechnen. Trotzdem sieht der eine Ort einladender aus als der andere. Die mit Betonplatten umrahmte Sandkiste mit den feuchten, flechtenbewachsenen Holzbänken daneben fällt eindeutig in Theos Kategorie „ohne Worte“. Was kann man hier noch tun, außer im Sand spielen? Nichts, dabei ist doch auf dem Rasen so viel Platz. Das Urteil der beiden Elftklässler: „deprimierend“ und „sehr unattraktiv“.

Die Sandkiste ist schön groß, aber ansonsten wirken sie und das Umfeld steril. Das Urteil der Schüler: „deprimierend“. Foto: Marion Korth

 

Überhaupt: Warum stehen die Sitzbänke in der Siedlung stets in gleicher Höhe nebeneinander? Ohne sich den Hals zu verrenken, kann man so nicht ins Gespräch kommen, sagen die Schüler. Ihre Anregung: Indem die Bänke einander zugewandt platziert werden, ließe sich mit wenig Aufwand ein Ort der Begegnung schaffen.
Viel Beton und morsche Bänke auch anderswo. Die fest installierten Wäschestangen in Sichtweite findet Theo hingegen richtig gut. Sie verbinden einen praktischen Nutzen mit der Möglichkeit, mal mit der Nachbarin oder dem Nachbarn zu reden. Warum nicht beim Wäscheaufhängen?

Große Gegensätze

Die Siedlung Schwarzer Berg ist in den 1960er Jahren entstanden. Das ist nicht zu übersehen. Im Einkaufszentrum stehen viele Geschäfte leer. Die Gegensätze sind groß. Hier steht Braunschweigs höchstes Hochhaus und hier stehen Einfamilienhäuser idyllisch im Grün. Hier gibt es Miet- und Eigentumswohnungen. Hier wohnen ältere Menschen und Familien mit Kindern, hier sind viele Nationalitäten vertreten. Die unterschiedlichen Eigentümerstrukturen und deren Einsatz lassen sich an den Häusern und Außenanlagen ablesen. Die Spanne reicht von „engagiert“ über „falsch geplant“ bis „eingeschlafen“.

Bunte Fassaden neben grauen, dazwischen eine Baustelle, hier wird saniert. Im Norden gibt es mehrere hübsche Spielplätze, aber nicht alle kleinen Kinder sind willkommen. „Nur für Anwohner“ steht auf dem Schild. „Ein Zusammenspiel der Kinder aus den verschiedenen Häusern ist so nicht möglich“, kritisieren die Schüler.

Wo die Verwahrlosung südlich der Häuser am Sielkamp mit Sitzbankruinen aus Beton, Falllaub in dicker Lage, Müll und Astbruch sichtbar wird, haben die beiden ihren Lieblingsort entdeckt. „Hier könnte man so viel machen“, schwärmt Leyla El Ayadi. Was genau, dazu haben die Schüler Skizzen gefertigt. Die Zeichnungen fließen mit ihren Ideen in eine Dokumentation ein, die als Broschüre Denkanstöße für die Quartiersarbeit geben soll.
Theo hatte sich eigentlich um einen Praktikumsplatz in einem Architekturbüro beworben. Im Nachhinein ist er froh über die Absage. Drei Wochen Schwarzer Berg haben seinen Blick verändert: „Ich habe angefangen, das hier zu mögen.“

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Das neue Quartierhaus

Neues Leben in einem leerstehenden Ladenlokal: Am Sonnabend, 5. Februar, wird das Quartierhaus im Ligusterweg 22 eröffnet. Von 15 bis 20 Uhr gibt es Livemusik, Speisen und Getränke sowie Gespräche und Einblicke. Das Quartierhaus ist ein vom Land gefördertes Gemeinschaftsprojekt von Quartier:Plus und dem Bürgerverein Am Schwarzen Berge. Auch Politiker aus dem Stadtbezirk und das Braunschweiger Forum halfen dabei, die Masterarbeit der Architekturstudentin Ayat Tarik, die selbst am Schwarzen Berg wohnt, in die Praxis umzusetzen. Ayat Tarik beschäftigte sich darin mit der gemeinwohlorientierten Quartiersentwicklung. Gemeinsam sollen nun Ideen entwickelt werden, um das Viertel schöner zu machen. Das Quartierhaus dient dabei als Anlaufstelle für die Anwohner. Mehr Mitsprache, mehr Mitgestaltung, mehr Nachbarschaft ist das Motto.

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