18. Februar 2023
Familie

Papas von heute sind gute Kumpel

Wie sehen sich moderne Väter und was wünschen sie sich? Eine Studie bringt Licht ins Dunkel

Moderne Väter wollen sich in die Familie einbringen. Wunsch und Wirklichkeit kommen dabei nicht immer zusammen. Foto: Technische Universität Braunschweig

Eins steht fest: Das Bild vom strengen Familienoberhaupt ist in die Mottenkiste gewandert. Papas wollen heute alles sein, bloß nicht wie ihre Väter und Großväter. Dass sie dem eigenen Wunschbild trotzdem nicht immer entsprechen, ist eine andere Geschichte.

Eine Studie der Technischen Universität Braunschweig und der Fachhochschule Kiel deckt auf, wo es hakt und wie die neuen „Kumpel-Väter“ denn nun eigentlich aussehen. Bundesweit wurden dafür mehr 2000 Teilnehmer online befragt, 55 Interviews geführt und sieben der erfolgreichsten Instagram-Accounts beleuchtet.

Freund statt Ernährer

Wichtigste Erkenntnis: Moderne Väter wollen mitfühlend und emphatisch sein, ein „guter Freund“ ihrer Kinder und nicht mehr unbedingt derjenige, der die Brötchen verdient. Rund 60 Prozent der Befragten setzten deshalb diesen Punkt ganz oben auf die Liste. Für finanzielle Sicherheit zu sorgen, hielten dagegen nur 12 Prozent für wichtig – zumeist Väter aus sozial schwachen Familien. „Das Ideal des emotionalen Vaters ist weit verbreitet“, erklärt Dr. Kim Bräuer von der TU. Als Vorbild diene der Freundes- und Bekanntenkreis. „Der eigene Vater wird dagegen eher negativ gesehen. Er wurde als zu ‘bestimmend’ und zu ’abwesend’ kritisiert“, so Bräuer.
Bräuer lehrt am Institut für Soziologie, Arbeit und Organisation der TU Braunschweig und hat zusammen mit Prof. Dr. Kai Marquardsen von der Fachhochschule Kiel sowie Flora Brzosa (TU Braunschweig) und Anne-Christin Eggers (Familienbüro der TU) die VAPRO-Studie „You don’t need to be Superheroes“ erstellt.
Ihre Interviewpartner kamen aus allen sozialen Schichten und lebten in den unterschiedlichsten Konstellationen – vom „klassischen“ Familienvater über Pflegeväter bis zu homosexuellen Väterpaaren. Unterm Strich waren allerdings mehr Väter aus den alten Bundesländern vertreten und insgesamt weniger mit geringem Einkommen.

Wunsch und Wirklichkeit

Das Erstaunliche: Obwohl sich Väter aktiv ins Familienleben einbringen wollen – etwa die Kinderbetreuung übernehmen möchten – arbeitet dennoch der Großteil von ihnen 40 Stunden und mehr in der Woche, während fast Dreiviertel der andere Elternteile gar nicht oder nur maximal 30 Stunden berufstätig ist. Auch die Arbeit im Haushalt wird nicht gerecht aufgeteilt, obwohl jeder zweite Vater annimmt, dass er sich genauso viel einbringt wie der Partner oder die Partnerin.
„Die Väter werden tatsächlich ihrer eigenen Wunschvorstellung nicht gerecht“, konstatiert Bräuer. Somit hätten sich zwar die Werte verschoben, nicht aber deren konsequente Umsetzung. Zudem gebe es eine deutliche Parallele zu den Allrounder-Müttern: Job, Familie, Eltern, Ehrenamt – auch die „Superhelden“ wollen alles möglichst perfekt organisiert und unter einen Hut bringen. Das erzeugt Stress. „Wie Frauen spüren Männer wie die Arbeit in das Familienleben eingreift und umgekehrt“, sagt Bräuer.

Und nun?

Was muss also passieren, damit Väter ihrem Ideal näher kommen? Die Forscher haben klare Forderungen:

Punkt 1: Das Elterngeld muss erhöht werden. Derzeit bekommen Bezieher in Deutschland zwischen 65 und 100 Prozent ihres Gehalts. Gerade arme Familien müssen dann jeden Euro umdrehen, „für diese Väter bleibt die materielle Versorgung somit logischerweise viel wichtiger als das Ideal des aktiven Vaters zu leben“, betont Dr. Kai Marquardsen. Zum Vergleich: In Schweden wird grundsätzlich das volle Gehalt weitergezahlt.

Punkt 2: Männern muss klar signalisiert werden, dass eine aktive Vaterschaft gewünscht ist – sowohl von Seiten der Arbeitgeber, als auch vom anderen Elternteil.

Punkt 3: Die Kinderbetreuung muss verlässlich gesichert werden. „Das Parken bei den Großeltern ist zwar eine Lösung, führt aber zu einem schlechten Gewissen“, so die Forschenden.
Unterm Strich stellen sie fest: Auch wenn es während der Corona-Pandemie wieder einen Trend zu den alten Rollenbildern gab, lässt sich doch in den Familien eindeutig eine Entwicklung von der reinen Vater- oder Mutterschaft zur Elternschaft erkennen.

Der neue Typ: Dadpreneur

Väter als Influencer? Die gibt es! Und zwar immer mehr! Die reichweite-stärksten Väter-Blogger auf Instagram haben der Studie zufolge mittlerweile zwischen 91 000 und 111 000 (vorwiegend weibliche) Follower. Wie die Bloggerinnen verbinden auch viele der erfolgreichen Blogger ihre Message geschickt mit Produkt-Placement. Zusammen mit Fotos und Videos über die Familie bewerben die „Dadpreneurs“, wie sie auch genannt werden, Lebensmittel, Windeln oder Rasierer. Der private Raum wird kurzerhand „ökonomisiert“. Interessant: Bei der Untersuchung der sieben erfolgreichsten Instagram-Accounts fanden die Forschenden heraus, dass von Armut betroffene Väter sowie Väter mit Migrationshintergrund in der Community fehlen. In der Forschung sind sie damit bislang ein „weißer Fleck“, den es näher zu untersuchen gilt.

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