18. Februar 2023
Buntes

Rendevouz mit dem Gletschermann

Bozen hat viel zu bieten: Ein Highlight ist die „Ötzi“-Ausstellung im Südtiroler Architekturmuseum

Ausgiebig erforscht und spannend: Ötzi, der „Mann aus dem Eis“. Foto: Druschke

Er war etwa 1,60 groß, wog 50 Kilogramm und hatte Schuhgröße 38. Sein kleiner Zeh war erfroren und er litt unter Darmparasiten. Wir kennen seine letzte Mahlzeit (Steinbock, Hirsch und Getreide) und sein ungefähres Alter: 46. Es ist schon faszinierend, was über diesen Mann alles bekannt geworden ist – immerhin ist er seit mehr als 5300 Jahren tot. Die Rede ist von der Gletschermumie „Ötzi“. Der „Mann aus dem Eis“ wurde 1991 von Wanderern am Tisenjoch in den Ötztaler Alpen gefunden und hat im Südtiroler Archäologiemuseum ein dauerhaftes Zuhause bekommen.

Dass ein Besuch dort bei unserem Trip nach Bozen ganz oben auf die Sightseeing-Liste kommt, steht für mich als True Crime-Fan außer Frage. Schließlich ist der „Iceman“ ein spannender Cold Case, ein uralter ungeklärter Mordfall. Die Forscher sind sich nämlich sicher: Ötzi ist keines natürlichen Todes gestorben. Er hatte gebrochene Rippen und in seiner linken Schulter steckte noch eine Pfeilspitze, die ihn von hinten getroffen hat. Ist er an dieser Wunde verblutet oder an den Folgen des Schädel-Hirn-Traumas, das die Wissenschaftler ebenfalls nachweisen konnten?

Keine Sorge – auch für Besucher, die weniger morbide veranlagt und kriminalistisch interessiert sind, ist die Ausstellung am Rande der Altstadt absolut sehenswert. Drei Etagen sind der Geschichte des Gletschermannes gewidmet, alle Originalfunde sind ausgestellt: seine Kleidungsstücke, seine Jagdwaffen und andere Habseligkeiten wie eine rätselhafte kleine Marmorscheibe mit einem Loch in der Mitte. Auch ein (kurzer) Blick auf Ötzi höchstselbst ist durch ein kleines Lukenfenster möglich: Die Mumie liegt bei -6° C und 98 Prozent Luftfeuchtigkeit in einem speziell entwickelten Kühlraum.

Ein weiteres Highlight ist die originalgetreue Rekonstruktion des Gletschermanns mit wettergegerbtem, faltigem Gesicht, zotteligem Bart und langem Haar – möglich, weil Forscher seine DNA entschlüsselt konnten, die Hinweise auf sein Aussehen geben konnte. Im Laufe der Jahrzehnte haben Wissenschaftler die Mumie intensiv erforscht, haben eine Autopsie und CT-Analysen gemacht, sie mit Röntgenstrahlen durchleuchtet und dabei immer neue Erkenntnisse gewonnen. Doch längst nicht alles ist erklärt. So geben etwa die 61 Tätowierungen Ötzis immer noch Rätsel auf.

Rätsel, die nicht nur die Forscher faszinieren. Jährlich kommen rund 260 000 Menschen in das Südtiroler Archäologiemuseum, um den Gletschermann posthum zu besuchen. Unbestritten ein Publikumsmagnet auf den Bozen allerdings nicht reduziert werden darf. Wer sich nicht die Zeit nimmt, durch die Altstadt zu bummeln, versäumt die Laubengasse (Via dei Portici). Sie verbindet den Obstplatz mit dem Rathausplatz und ist mit ihren gotischen Rundbögen und den vielen Geschäften bereits seit dem 12. Jahrhundert das Zentrum des Bozener Handels.

Der imposante Dom Maria Himmelfahrt mit seinem markanten Kirchturm ist das Wahrzeichen der Südtiroler Landeshauptstadt. Das mächtige gotische Bauwerk steht am Rande des Waltherplatzes. Der heißt eigentlich Walther-von-der-Vogelweide-Platz, was den Einheimischen im Sprachgebrauch schlicht zu lang ist. Rund herum befinden sich viele Cafés und Lokale und mitten auf dem Platz steht das Denkmal seines Namensgebers, des Minnesängers. In der Weihnachtszeit findet hier der traditionelle Christkindlmarkt statt.
Wenige Gehminuten außerhalb des Stadtzentrums liegt mitten im Grün der Weinstöcke das malerische Schloss Maretsch. Es wurde im 16. Jahrhundert zu einem Renaissanceschloss erweitert. Wenn man Glück hat, kann man die Fresken in den Sälen bewundern und den Ausblick vom Wehrturm genießen. Leider ist die Besichtigung nicht immer möglich, wie wir feststellen müssen. Das Schloss in erster Linie Veranstaltungszentrum. Und für die traditionsreiche Bozner Weinkost, die hier seit fast 100 Jahren im Frühjahr stattfindet, sind wir ein paar Monate zu spät. Schade.

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