Nordstadt. „Seit Jahren ärgere ich mich fast jeden Tag über die Technik in meinem HYGIA-Studio“, sagt Christian Haertle, „wir sind so nicht mehr wettbewerbsfähig.“ Zum Ende des Jahres hat der Premiumfitnessclub eine neue Adresse. „Gar nicht weit von hier“, freut sich der geschäftsführende Gesellschafter der HYGIA Holding.
Am 1. November 2009 war die glanzvolle Eröffnung des HYGIA am Mittelweg. „Wir sind mit einem Premiumprodukt an den Start gegangen, ein Fitness- und Wellnessclub der Oberklasse“, erklärt Haertle das Konzept. Aber das Glück währte nicht lange. „Die Klimaanlage machte schon bald Probleme, seit einigen Jahren haben wir Feuchtigkeit und Schimmel.“ Den Mietvertrag hat Haertle frühzeitig gekündigt, „ich hatte gehofft, dadurch kommen wir mit dem Vermieter in Verhandlungen, können nachbessern.“ Aber das hat alles nicht geklappt. Jetzt ist die Entscheidung gefallen, Anfang nächsten Jahres will Haertle mit seinem HYGIA 2.0 erneut Maßstäbe setzen.
Die Gerüchteküche brodelt. Auf unserer Facebookseite werden Vorwürfe gegen Christian Haertle erhoben: Der Chef der HYGIA-Holding würde das Fitnesscenter „HYGIA“ am Mittelweg schließen, sein Vermieter versuche, ihn rauszuklagen, die Klage sei schon vor dem Amtsgericht, die HYGIA-Mitglieder seien nicht unterrichtet, im Gegenteil, es würden noch neue Mitglieder angeworben. Grund genug für uns, bei Christian Haertle, geschäftsführender Gesellschafter der HYGIA Holding GmbH, nachzufragen.
Was sagen Sie zu den oben genannten Vorwürfen?
Das ist die halbe Wahrheit. Ja, wir gehen mit dem HYGIA woanders hin, aber nicht, weil wir rausgeklagt werden, sondern weil wir schon vor vier Jahren den Mietvertrag, der bis Ende 2019 läuft, gekündigt haben.
Warum haben Sie gekündigt?
Unsere Mängelliste wäre lang. Die Immobilie ist gut 20 Jahre alt und müsste dringend saniert werden.
Geben Sie bitte einige Beispiele für die Mängel.
Wir haben eine feuchte Bodenplatte und dadurch Schimmelbildung im Dusch- und Saunabereich, die Leichtbauwände gammeln.
Haben Sie das dem Vermieter gesagt?
Natürlich, er hat ein Loch gegraben und eine Tauchpumpe reingehängt, das war alles. Für einen Premiumclub ein unhaltbarer Zustand.
Haben Sie noch mehr Beispiele?
Letztes Jahr war die Klimaanlage defekt, sie ist so alt, dass es keine Ersatzteile mehr gibt. Ich habe sie mit mühsam zusammengesuchten Notlösungen selbst repariert, aber es ist nur eine Frage der Zeit. Eine neue Anlage würde mich locker 200 000 Euro kosten. Auch die Pooltechnik habe ich schon mehrfach auf meine Kosten repariert.
Der Vermieter übernimmt das nicht?
Nein.
Haben Sie versucht, sich zu einigen?
Ja. Deshalb haben wir ja schon vor vier Jahren die Kündigung geschickt, wir haben gehofft, es gibt so Verhandlungsspielräume. Aber die gibt es offensichtlich nicht. Jetzt haben wir uns entschieden. Denn aufgrund zahlreicher technischer Mängel sind wir mit dieser maroden Anlage nicht mehr wettbewerbsfähig. Vier von mir extra eingestellte Techniker sind nur dafür zuständig, den Betrieb am Laufen zu halten. Ich habe zum Beispiel im vergangenen besonders heißen Sommer in nur einem Monat weit mehr als 22 000 Euro Stromkosten gezahlt. Und das nicht, weil ich so schlechte Verträge habe, sondern weil die Technik veraltet ist. Dazu kommt, dass die Parkplatzsituation am HYGIA zwar von Anfang an knapp war, sich aber durch chaotische Regelungen nochmal verschärft hat. Und allein die Zufahrtsschranke raubt mir den letzten Nerv, wenn sie im Jahr an sechs Tagen funktioniert, dann ist das viel.

Wie sieht die Zukunft des HYGIA aus?
Großartig. Gott sei Dank haben wir jetzt endlich ein wunderbares Grundstück an der Celler Straße, eine alte Bestandsimmobilie, nur rund 400 Meter Luftlinie vom alten Standort entfernt. Dort entsteht jetzt unser HYGIA 2.0. Alles wird größer, schöner, exklusiver. Unser neuer Pool wird 25 Meter Länge haben, statt bisher 20, die Kinderbetreuung bekommt noch einmal deutlich mehr Platz, der Spabereich wird zur Spitzenklasse gehören mit diversen Saunen, Whirlpool und Außenbereich.
Wie teuer wird das neue Studio?
Wir sind jetzt bei einer Summe von mindestens acht Millionen Euro.
War es schwer, einen neuen Standort zu finden?
Sehr. Obwohl uns die Stadt wirklich unterstützt hat. Wir haben uns mehrere Grundstücke und leere Baumärkte angesehen, aber leider müsste für alle Objekte der vorhandene Bebauungsplan geändert werden und das dauert – nach Aussage der Stadt – mindestens ein Jahr. Soviel Zeit haben wir nicht mehr.
Woher kommt der Zeitdruck, Sie haben doch schon vor vier Jahren gekündigt?
Zum einen haben wir ja noch auf Verhandlungen und Nachbesserungen mit unserem jetzigen Vermieter gehofft, zum anderen sind wir im Anschluss von einem Investor enttäuscht worden.
Was heißt das?
Wir hatten eine Immobilie, eine Zusage per Handschlag. Aber der Investor hat ganz kurzfristig an eine sogenannte Heuschrecke verkauft. Für deutlich mehr Geld.
Und wie kam dann so schnell die neue Lösung?
Unser „alter“ Investor, ein langjähriger Partner, mit dem ich schon vier von meinen anderen Studios gebaut habe, wusste von meinem Problem und hatte plötzlich die Lösung: das 6000-Quadratmeter-Grundstück an der Celler Straße. Für mich und meine Frau ein Glücksfall. Denn wir tragen viel Verantwortung. Mehr als 200 Mitarbeiter sind vom Erfolg der HYGIA-Holding abhängig, jede Menge Sponsoring und Spenden hängen von uns ab und – nicht zuletzt – auch unser privates Glück.
Der Eigner der Immobilie wollte sich auf Nachfrage der NB nicht zu den Vorwürfen äußern.