12. Juni 2015
Aktiv

Selbstversuch auf der Schlittschuhbahn: Es ist nicht alles Eis, was glänzt

Auf der Roten Wiese hat in dieser Woche eine Sommer-Eislaufarena eröffnet.

Eislauf-Enthusiasten unter sich. Die zehnjährigen Freundinnen Zoe (links) und Emilie gesellen sich für das Foto zu mir. Foto: Ammerpohl

Von Andreas Konrad, 12.06.2015.

Braunschweig. Früher verging kein Wintertag, an dem ich nicht nach der Schule meinen Eishockeyschläger gegriffen und meine Schlittschuhe geschnappt hätte, um mit diesen Utensilien, Schal und Handschuhen in der Linie 13 zum Kreuzteich zu fahren. Schnell mit dem Schläger oder einem geliehenen Schieber das Eis von Schnee befreit, den Puk darauf geworfen, und los ging der Spaß. Wenn der ein oder andere bis zur Brust im Schlamm stand, weil das Eis an mancher Stelle zu dünn war, war das nur eine Randnotiz wert.

Das alles ist schon eine gute Weile her. Wir haben uns inzwischen an Menschen in sich hineinsaugende Smartphones, langweilige Innenstädte mit immer gleichen Filialen großer Ketten und globale Gleichmacherei gewöhnt. Es gibt auch kein Eis mehr auf dem Kreuzteich. Ob es an der Klimaerwärmung liegt oder der Tatsache, dass man zu viel Wasser ablässt, weiß ich nicht.
Selbst die Eislaufhalle, nach Ende der Kreuzteich-Ära wenigstens ein Trostpflaster, musste derweil einer anderen Spaß-Immobilie weichen. Das Schicksal hat sich gegen den Eissport in Braunschweig gewendet, darüber trösten auch gut gemeinte Wiederbelebungsversuche in der weihnachtlichen Innenstadt nicht hinweg.
Da scheint es doch ein Glücksmoment zu werden, wenn man den Auftrag erhält, gewissermaßen berufsbedingt einmal wieder Schlittschuh laufen zu gehen. Aber: Im Sommer? Draußen?? Auf Plastik???
Nun denn. Nach einer gefühlt ewigen Suche finden sich in einem Karton die Schlittschuhe wieder. Nicht mehr die modernsten, aber gut genug, um das Wagnis eingehen zu können. Selbst auf Plastik. Der Eishockeyschläger wird wohl nicht benötigt, Schal und Handschuhe… na ja, 22 Grad, ist ja Frühsommer.
Sollte man die Schlittschuhe für den Weg lieber in einer Tasche verbergen oder hat sich die Existenz der Eislaufbahn an der Roten Wiese schon soweit herumgesprochen, dass man mit den Kufen über der Schulter nicht gleich weggefangen wird? Meine Freundin meint, besser wäre die Taschen-Variante. Mir ist es egal. Also die Schuhe an den Schnürsenkeln verknüpft, umgehängt und los.
Auf der Schlittschuhbahn angekommen denke ich, „klappt ja ganz gut“. Schlittschuh laufen ist eben doch wie Fahrrad fahren, das verlernt man nicht. Und auch der Untergrund macht sich prima. Leicht gleiten die Kufen über das Plastik, ganz wie bei frischem Eis. Eine tolle Erfindung, die sicher beitragen kann, viele Eishallen vor dem sicheren Betriebskostentod zu bewahren.
Schade nur, dass beim seitlichen Bremsen die Eiskristalle nicht mehr so schön durch die Gegend spritzen. Aber, was haben wir für den Fortschritt nicht schon für Kompromisse gemacht, man denke nur an die Innenstädte oder gar die Globalisierung.
Also drehe ich noch ein paar Runden, bevor ich meine Schlittschuhe wieder abstreife und mir an der Tankstelle noch ein echtes Eis kaufe. Auf dem Nachhauseweg schlecke ich genüsslich daran und reflektiere das eben erlebte. Dabei geht mir ein Gedanke nicht mehr aus dem Kopf: Warum soll ich eigentlich im Sommer auf einer engen Fläche im Kreis fahren, wenn doch kreative Geister neben dem Smartphone mittlerweile die Inline-Skates erfunden haben?

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