9. November 2021
Nachhaltigkeit

Viel zu schade für den Müll

Die VHS-Tochter Arbeit & Beruf GmbH bereitet alte Räder auf und gibt sie an Bedürftige weiter

Oliver Prätz (l.) und Michael Brandes sammeln fünf Tage in der Woche herrenlose Räder ein. Ein E-Anhänger hilft ihnen dabei. Kleines Bild: Rainer Junge, VHS Arbeit & Beruf, erklärt Erika Borek wie die Räder in der Werkstatt repariert werden. Die Richard-Borek-Stiftung fördert das Projekt. Foto: Birgit Wiefel

Gliesmarode. „Was machen Sie denn da?“ Gleich auf der ersten Tour ernteten Michael Brandes und Oliver Prätz strenge Blicke. Seit Oktober sammeln die beiden Männer herrenlose Schrotträder in der Stadt ein – ganz legal im Auftrag des Ordnungsamtes und der VHS-Tochter Arbeit & Beruf GmbH. „Doch als wir die ersten Räder abknipsten, hielt sofort ein Polizeiwagen mit quietschenden Reifen neben uns“, erinnert sich Prätz.

Die Beamten musterten die beiden kritisch. „Gott sei Dank konnten wir die Situation schnell klären“, sagt Brandes lachend. Die beiden Männer in den gelben Warnwesten sorgen dafür, dass das Stadtbild von Braunschweig ordentlicher aussieht. Sechs Stunden am Tag fahren sie die Straßen ab und hieven kaputte und herrenlose Räder auf den Hänger. Die Velos werden anschließend in der Fahrradwerkstatt der VHS-Tochter auf Vordermann gebracht und für kleines Geld an Bedürftige weitergegeben. Oder auseinandergebaut und recycelt, wenn gar nichts mehr geht. Eine „Win-win“- Situation ist Rainer Junge, Abteilungsleiter bei der VHS Arbeit & Beruf, begeistert. „Die Schrotträder sind zu einem echten Problem geworden. Sie sehen nicht nur schäbig aus. Sie blockieren auch die knappen Abstellplätze.“

Etwa 250 bis 450 herrenlose Räder schätzt Ordnungsamtmitarbeiter Daniel Garus fallen jährlich in der Stadt an – vor allem rund um das Schloss und am Hauptbahnhof. Rund 150 davon konnte die VHS-Tochter in ihrer Werkstatt in der Petzvalstraße schon aufbereiten und wieder in Umlauf bringen. „Wir wollen damit ein Zeichen für Nachhaltigkeit setzen“ sagt Rainer Junge.

Nachhaltig ist auch das Beschäftigungsprinzip hinter dem Projekt. Denn die Monteure, die die Räder einsammeln und reparieren sind durchweg Arbeitssuchende, die über das Jobcenter vermittelt werden. „Einige konnten über das Projekt bereits eine feste Stelle finden. Vor allem aber ist diese Tätigkeit wirklich sinnvoll“, betont Thomas Schmidt vom Jobcenter Braunschweig.

Über fünf Jahre kann die Fahrradreparatur gefördert werden. Für die nötige Anschubfinanzierung sorgte auch die Richard-Borek-Stiftung: Sie spendierte die Anschaffung zweier Fahrräder und zweier Anhänger, – einer sogar mit E-Antrieb – für den Abtransport der Schrotträder. „Ein tolles Projekt“, ist Erika Borek überzeugt. „Und es passt perfekt in unsere Zeit, denn so finden herrenlose Räder in den Kreislauf zurück.“

Zur Info:
Die aufgearbeiteten Fahrräder können von sozial Benachteiligten im Sozialkaufhaus „Jacke wie Hose“ in der Petzvalstraße 50 b für zehn Euro erworben werden.
Wer ein altes oder nicht mehr benötigtes Fahrrad spenden möchte, kann sich unter der E-Mail-Adresse fahrrad@vhs-bs.de melden. Das Team der VHS Arbeit & Beruf GmbH vereinbart dann einen Abholtermin.

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