Von André Pause, 17.12.2016.
Braunschweig. Die Wahl-New-Yorkerin (*1883 in Warburg) Lena Henke präsentiert im Kunstverein Braunschweig neue Skulpturen und Installationen.
Nun gut: im und um den Kunstverein herum, um genau zu sein. Eine alternative Erschließung des Hauses will die Künstlerin erreichen, und ist mit diesem Ansinnen beileibe nicht die Erste. Kopfkratzen. Schon wieder ist die Tür zur Villa Save Hospes am Lessingplatz verriegelt, und der Besucher denkt: Déjà-vu – schließlich hatte Mandla Reuter den Hauseingang erst Anfang 2015 effektvoll zumauern lassen. Nun ist er einfach verschlossen und der Besucher ist gezwungen, über einen lilafarbenen hölzernen Hochgang im Veranda-Stil in das Gebäude zu gelangen.
Mit diesem künstlerischen Kniff gerät das Gebäude, dass durch die Intervention (eine Referenz an eine Arbeit von Tom Burr, die vor 16 Jahren in Braunschweig zu sehen war) Kindheitserinnerungen an Pippi Langstrumpfs Villa Kunterbunt wachküsst, in den Klammergriff. Die titelgebende Installation – „Available Light“ – bringt den Perspektivwechsel: Von der geschaffenen Bühne schaut der zum Akteur werdende Gast durch die Fenster in die Räume des Ostflügels, wo drei immaterielle Arbeiten (Lichtinstallationen) Verwirrung stiften.
Im klassischen Ausstellungskontext sollten diese Räume von innen zunächst gar nicht begehbar sein, jetzt führen sie, bewusst zugänglich gehalten, ins Nichts, zurück auf oder an den Holzweg quasi. Die Pfade von „Available Light“ hingegen laufen, wie ins Haus getragene Fußstapfen, in Richtung Spiegelsaal aus. Dünne PVC-Matten in der identischen farbgestalterischen Exzentrik der Veranda führen zur finalen Gesamtrauminstallation „Path of Lights“. Vor den Fenstern lehnende Kreisflächen, die Lena Henke mit Teer und Epoxidharz bearbeitet hat, regulieren das verfügbare Licht und steuern den Einfall. Die Verkehrung von innen und außen beziehungsweise vorne und hinten ist vollzogen.
Etwas entkoppelt vom Ausstellungsparcours der Schau ist der im Hof des Kunstvereins platzierte Bronzeguss „City Lights (Dead Horse Bay)“, ein narrativ verdichtetes Selbstporträt: Die Form eines Pferdekopfes verbindet Henke hier mit der teilutopischen Stadtlandschaft New Yorks. Die kleinteilige Arbeit ist unter anderem ein Verweis auf konkrete stadtplanerische und politische Entscheidungsprozesse (Robert Moses: Lower Manhattan Expressway). Die en détail nachzuvollziehen dem ohne Hintergrundinformationen in die Ausstellung spazierenden Besucher freilich ähnlich schwerfallen dürfte, wie ein Durchdringen der Flut an Referenzen, die Lena Henke mit „Available Light“ konstruiert hat.
Parallel zur Hauptausstellung, die bis zum 12. Februar zu sehen ist, präsentiert der Kunstverein im kompletten Obergeschoss der Villa seine Jahresgaben. In der Remise zeigt die norwegische Künstlerin Tiril Hasselknippe ihre Installation „Station“. Weitere Infos unter www.kunstverein-bs.de.