24. Januar 2020
Menschen

„Waldspaziergang“ mit Wohlleben

„Das geheime Leben der Bäume“: Vor der Filmpremiere sprach die NB mit dem Förster

Aufmerksam und zugewandt: Förster Peter Wohlleben erfüllt vor der Filmpremiere Autogrammwünsche. Marion Korth

Innenstadt. Er macht keine Musik und ist dennoch eine Art Popstar: der Förster Peter Wohlleben. Nach dem Überraschungserfolg seines Buches „Das geheime Leben der Bäume“ stellte er am Dienstag im Astor Filmtheater den gleichnamigen Dokumentarfilm vor. Das Publikumsinteresse war riesengroß. Noch während Wohlleben gut gelaunt Autogramme gab, verkündete eine Durchsage, dass die Filmpremiere im Kinosaal 8 ausverkauft sei. Die Schlange vor Wohllebens Tisch schien nicht kürzer zu werden.

Für seinen Film besuchte Peter Wohlleben die Aktivisten im Hambacher Forst. Foto: Constantin Film

Es geht nicht nur um Holzertrag

Klug, redegewandt, streitbar, so zeigte sich Peter Wohlleben im NB-Gespräch. Der Mann hat ein Anliegen, das er mit Vehemenz vertritt. Zu viel Pathos, zu viel Vermenschlichung werden Wohllebens Sichtweise auf Bäume und Wald unterstellt. Tatsächlich sieht Wohlleben im Wald mehr als eine Ansammlung von Kubikmetern Festholz. „Die Frage ist nicht, wie viel Rohstoff wir haben, sondern wie viel Wald.“ Mit „Wald“ meint der Förster eben gerade nicht die gleichförmigen Fichtenforste, die bislang viel Holz in kürzester Zeit lieferten. Deren Tage sind nach seiner Überzeugung sowieso gezählt. Nach etlichen Stürmen und zwei Dürresommern in Folge liegen die Fichten am Boden oder sind nur noch Skelette. Das seien aber noch nicht die direkten Folgen des Klimawandels, meint Wohlleben, sondern die Auswirkungen der einseitigen Waldbewirtschaftung. „In 10 bis 15 Jahren werden die Nadelwälder weg sein“, prophezeit er. Ein neuer Wald wird entstehen, nach und nach und ganz von allein – wenn wir die Natur nur machen lassen.

Der Wald – ein Superorganismus

Wohlleben wirbt für dieses neue Verständnis, das nicht allein auf den Holzertrag gerichtet ist. „Der Wald ist ein Superorganismus, zu dem auch der Mensch gehört“, sagt der Förster. Er meint damit das Zusammenspiel der Bäume untereinander, von Pilzen und 10 000 Arten von kleinsten Lebewesen, die wir noch nicht einmal alle kennen. Buch und Film öffnen uns die Augen, für all das, was sich da im Verborgenen abspielt und das wir zerstören, bevor wir es überhaupt nur verstanden haben.

Um die Folgen des Klimawandels wenigstens lokal abzupuffern, ist der Wald unsere Trumpfkarte. Ihm müssten wir noch viel mehr Raum geben. „Wenn wir alle unseren Fleischkonsum drosseln und auf den Sonntagsbraten zurückgehen, dann haben wir auch die Flächen dafür“, sagt Wohlleben, der selbst Vegetarier ist.

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