15. April 2021
Politik

„Wer all das nicht will, muss es sagen“

Aus dem Rat: Haushalt mit Stimmen von SPD, Grünen und P² verabschiedet – Hitzige Debatte

Ausbau der Schulen: Rund vier Millionen Euro hat der Ausbau der Grundschule Lehndorf in eine Ganztagsschule gekostet. BZV-Archiv: Sierigk

Braunschweig (bw). Mehr als eine Stunde dauerte die emotionale Debatte. CDU und FDP fuhren schwere Geschütze auf, sprachen gar von „Katastrophe“ und „Fiasko“. Am Ende verabschiedete der Rat den Haushalt mit der Stimmenmehrheit von SPD, Grünen und P². CDU, FDP, Linke BIBS und AFD stimmten dagegen.

Erhitzt hatten sich die Diskussionen vor allem an den geplanten Rekord-Investitionen für die der Schuldenstand der Stadt bis 2024 auf fast eine Milliarde Euro anwächst. Insgesamt hat der Haushalt ein Gesamtvolumen von rund 990 Millionen Euro.

Dies sei ein Haushalt in schwierigen Zeiten betonte Oberbürgermeister Ulrich Markurth in seiner Schlusserklärung. Dennoch seien Zahlen kein Selbstzweck. Der Haushalt organisiere Daseinsvorsorge, also das, was die Menschen bräuchten, und stelle Weichen in die Zukunft. Gleichzeitig würden durch Investitionen Werte geschaffen. „Das sind auch Sicherheiten.“ Und: „Wir investieren auch in den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft.“ Das sei gerade in dieser Zeit wichtig, die von großer Unsicherheit geprägt sei. „Diese Investitionen geschehen vor Ort in den Kommunen, und sie müssen jetzt geschehen, da bin ich mir mit meinen Kolleginnen und Kollegen in vielen deutschen Rathäusern einig, völlig unabhängig von Parteizugehörigkeit. Es muss etwas passieren, und Bund und Länder müssen dabei in die Pflicht.“

Richtig sei, dass der Gestaltungsspielraum einer Kommune letztlich stark eingeschränkt sei. Große Pflichtaufgaben stünden im Wechselspiel mit einer sehr unsicheren und wenig steuerbaren Einnahmesituation. Dennoch, so Markurth, sei der Ergebnishaushalt in den vergangenen Jahren ausgeglichen gewesen. Und das, obwohl seit 2014, als er ins Amt kam, der Defizitausgleich nicht mehr stattfinden konnte, weil Privatisierungserlöse aufgebraucht waren. „Jeder Haushalt seitdem hat erstmal im Minus begonnen.“ Auch die Diesel-Krise schlage seit 2015 über die Gewerbesteuer negativ zu Buche. Und es gebe die großen, teuren Aufgaben wie den Ausbau der Kinderbetreuung, Integration und Inklusion, die die Kommunen leisten müssen. „Nicht in Schulen zu investieren, nicht für den Ganztag auszubauen, das wäre eine Pflichtverletzung.“

Die Investitionen bei den Gesellschaften seien „Brücken in die Zukunft“, die nach Markurths Auffassung jetzt geplant und gebaut werden sollten, auch wenn das viel Geld koste. Etwa das Zwei-Standorte-Konzept des Städtischen Klinikums, die aktive Rolle beim Wohnungsbau durch die Nibelungen Wohnbau. Auch eine städtische Stadthalle mit der geplanten Sanierung sollte sich eine Stadt wie Braunschweig leisten. Und der Stadtbahnausbau werde auch nicht gemacht, weil es Förderung gebe, sondern er werde vom Bund mit hohen Summen gefördert, weil er Teil der Verkehrswende sei und anders nicht finanzierbar. „Wer all das nicht will, muss es sagen.“

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