20. Mai 2014
Politisches

„Wie geht es weiter, Herr OB?“

Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl stellten sich dem Thema „Wohnen in Braunschweig

Von Ingeborg Obi-Preuß, Braunschweig, 19.05.2014
„Das westliche Ringgebiet freut sich auf Sie“, begrüßte Bezirksbürgermeister Jürgen Dölz die Oberbürgermeister-Kandidaten. Noch mehr freuten sich die Besucher auf Antworten zum Thema „Wohnen in Braunschweig“.

„Wir haben ein ernstzunehmendes Problem“, sagte Dölz vor rund 80 Besuchern im Schwedenheim an der Hugo-Luther-Straße, „einen Mangel an bezahlbarem Wohnraum.“ Das westliche Ringgebiet sei wie ein Seismograf; „wenn sich Schieflagen entwickeln, spüren wir sie zuerst“, sagte Dölz und sprach von Investoren, die in „sein Revier“ kämen und teure Wohnungen bauten.
Die sechs Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl am Sonntag stellten sich den Fragen von Moderator Axel Uhde und der Besucher.
Wohnen ist ein Grundbedürfnis – wie viel freier Markt ist sinnvoll?“, stellte Axel Uhde seine Einstiegsfrage. Wir fassen die Diskussion zusammen.
Hennig Brandes (CDU) warnte davor, durch eine mögliche Überregulierung den freien Wohnungsmarkt auszuhebeln. Neben der Höhe der Miete seien auch die Themen energetische Sanierung und Seniorengerechtigkeit zu berücksichtigen,
Ulrich Markurth (SPD) sagte, dass subventionierter Wohnungsbau eine Aufgabe des Landes sei, hier habe es seit 15 Jahren keine Programme gegeben. Für Investoren lohne es sich einfach nicht, günstige Kreditangebote vom Land anzunehmen, da sie zurzeit bei jeder Bank billiges Geld bekämen. Dennoch gebe es eine klare kommunale Aufgabe: Und zwar für die Menschen ein Zuhause zu finden, die auf dem angespannten Immobilienmarkt keine Chance hätten. „Wir haben beispielsweise Belegungsrechte, die wir ausweiten müssen.“
Holger Herlitschke (Bündnis 90/Die Grünen) sieht das ähnlich, er will „Geld in die Hand nehmen“ und damit „Belegungs- und Besetzungsrechte einkaufen.“ Beim Land müsse darauf hingewirkt werden, die 20-jährige Bindungsfrist für Investoren zu kippen, damit private Akteure wieder gelockt würden. Das sei aber langwierig, deshalb sieht er die Kommune in Vorleistung.
Dr. Wolfgang Büchs (Bibs) sprach sich in der angespannten Situation für starke Steuerung aus. Er empfahl, die Niwo weiter zu stärken und jährlich 250 Wohnungen zu fördern.
Udo Sommerfeld (Die Linke) nannte als größtes Instrument der Stadt das Planungsrecht. „Immer, wenn ein Investor anfragt, dass er Stadtvillen bauen will, sagen wir ja, aber genehmigen nur, wenn dazu auch Geschosswohnungen gebaut werden“, nannte re eine Lösungsmöglichkeit.
Merten Herms (Piraten) sah das ähnlich, er sagte, dass es kein schlechter Ansatz sei, Investoren Auflagen zu machen.
Hennig Brandes (CDU) hält gar nichts davon, als Kommune selber zu bauen, die Anreize vom Land müssten verstärkt werden. „6000 Wohnungen haben wir in den vergangenen Jahren geschaffen, weitere 6000 sind bis 2020 in Planung.“ Das könnte nach seiner Meinung schneller gehen, Bauanträge müssten schneller bearbeitet werden. Die nötigen Größenordnungen seien mit einem kommunalen Programm nicht zu schaffen.
Für eine zweite Fragerunde fasste Axel Uhde folgende Fragen aus den Besucherbeiträgen zusammen: Leerstände vermeiden? Investitionsanreize schaffen für günstigen Wohnraum? Mietpreisbremse?

Antworten in Kurzform:

Ulrich Markurth (SPD): „Die Leerstände sind ein Skandal, aber teilweise sind wir ohnmächtig. Große Investmentfonds reagieren nicht einmal auf unsere Anfragen. Wir können nur noch enger mit der städtischen Wohnbaugesellschaft und auch den genossenschaftlichen Wohnbaugesellschaften zusammenarbeiten. „In der Weststadt haben wir da viel hinbekommen. Viel mehr Steuerungsmöglichkeiten haben wir als Kommune nicht.“
Holger Herlitschke (Die Grünen): „Wir haben im Rat ein kommunales Wohnraumkonzept beschlossen, für die Zukunft wird das ein gutes Instrument sein.“ Daneben empfiehlt er ein kommunales Förderprogramm, um Sanierung bei gleichbleibender Miete zu möglichen.
Dr. Wolfgang Büchs (Bibs): „Viele wollen in den alten Wohnungen mit Toilette im Keller bleiben, das sollten wir akzeptieren.“ Rund 30 Prozent aller neuen Wohnungen müssten Sozialwohnungen sein.
Udo Sommerfeld (Die Linke): „Die drei großen Genossenschaften haben in der Weststadt gezeigt, was möglich ist. Davon müssten wir mehr machen.“ Außerdem fordert Sommerfeld mehr Unterstützung für alternative Wohnprojekte.
Merten Herms (Piraten) spricht sich auch für mehr Unterstützung alternativer Projekte aus. „Nicht nur mit Geld, wir brauchen einen Ansprechpartner bei der Stadt für diese Themen.“

Thema Mietpreisbremse:

Herms: „Ein gutes Mittel.“
Sommerfeld: „Mietpreisbremse ist richtig.“
Büchs: „ Mietpreisbremse sollte nicht für Neubauten gelten, das schreckt ab. Außerdem muss ein „angespannter Wohnungsmarkt“ vorliegen, dazu sind unsere Bestandsmieten nicht hoch genug.
Herlitschke: „Grundsätzlich dafür. Gefahr: Alle sanieren, um neu teuer vermieten zu können. Angebot stärken ist besser.“
Markurth: „Ich bin in Gesprächen mit dem Land. Wir schauen, ob die Mietpreisbremse für einzelne Stadtteile Sinn macht.
Brandes hält nichts von einer Mietpreisbremse, „jedenfalls nicht für Braunschweig.“ Er will Bauland ausweisen für Familien und innenstadtnahe Geschosswohnung – wie in der Nordstadt – entwickeln. Vor allem setzt er auf die Beschleunigung langwieriger Bauleitverfahren.

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