Von Martina Jurk, 30.04.2015.
Braunschweig. 2007 hatte der Rat der Stadt das Drei-Bäder-Konzept beschlossen. Danach sollten die neue Wasserwelt an der Hamburger Straße, der Bürgerbadepark im Bürgerpark und das Sportbad Heidberg übrigbleiben und die maroden Stadtteilbäder, deren Sanierung zu teuer geworden wäre, geschlossen werden. Soweit so gut. Seither gab es immer wieder Kritik an diesem Konzept. Aktuell ist die Diskussion neu entflammt und am kommenden Dienstag Thema in der Ratssitzung.
Zuletzt haben die Initiatoren des Bürgerbegehrens, die sich 2008 gegen das Konzept stellten – Hansi Volkmann (DGB), Heinrich Betz (IG Metall, VW-Betriebsrat) und Professorin Ingeborg Wender (TU Braunschweig) – das Konzept sogar für gescheitert erklärt. Sie fühlten sich vor allem auf den Schlips getreten, weil das Bürgerbegehren als eine der Ursachen für Verzögerungen und Kostensteigerungen beim Bau der Wasserwelt genannt wurde.
Daraufhin wandten sich die drei Initiatoren in einem offenen Brief an die Ratsmitglieder mit dem Appell, von dem Drei-Bäder-Konzept Abschied zu nehmen. Sie sollten akzeptieren, dass die Braunschweiger wohnortnah schwimmen gehen oder gar nicht. Sie sollten außerdem realisieren, dass immer weniger Schüler schwimmen lernen würden, weil es gar nicht so viele Randstunden gäbe, um allen das Schwimmen beizubringen, heißt es in dem Brief.
Jürgen Scharna, Geschäftsführer der Stadtbad GmbH, kann die Aufregung nicht ganz nachvollziehen. „Mit dem Beschluss, dass New-Yorker-Chef Friedrich Knapp das Gliesmaroder Bad sanieren und damit vor der Schließung retten kann, hat sich der Rat der Stadt bereits vom Drei-Bäder-Konzept verabschiedet.“ Zum Thema Schulschwimmen hält Scharna dagegen, dass von den in der Wasserwelt angebotenen Bahnstunden nur zwei Drittel von Schulen genutzt und von den gebuchten Stunden lediglich zwei Drittel in Anspruch genommen würden.
„Durch die Schließung des Bades in Wenden, des Nordbads und des Gliesmaroder Bads fehlen ganz wichtige Funktionen des Komplexes Baden/Schwimmen/Wellness“, meint Ingeborg Wender. Das gelte insbesondere für das schulische Schwimmenlernen, die Ausbildung der Schwimmlehrer und des weiteren Schwimmpersonals sowie das Seniorenschwimmen. Kleinere funktionale Bäder in den Stadtteilen, die leicht zu Fuß oder per Rad zu erreichen sind, wären dringend geboten. Großer Handlungsbedarf bestehe für die Weststadt.
Das sieht auch Hansi Volkmann so: „Es würde nach wie vor Sinn machen, ein neues Bad im Westen der Stadt zu bauen. Gerade Schüler und ältere Menschen wollen ortsnah schwimmen gehen.“ Seiner Meinung nach käme das Schulschwimmen in Braunschweig zu kurz. Zwei zusätzliche Schulschwimmbäder in das vorhandene Konzept aufzunehmen, hatten die Grünen bereits 2014 gefordert.
Eine Offensive für ein neues Bürgerbegehren haben die Initiatoren von 2008 nicht geplant. „Das muss jetzt politisch gelöst werden. Es muss eine Diskussion im Rat darüber geben“, sagt Volkmann. Er sieht das Bäderkonzept nicht als starres, unumstößliches Konstrukt, sondern als Weiterentwicklung an.
Die Bilanz der Wasserwelt zum 31. Dezember 2014 war nicht positiv ausgefallen (wir berichteten). Neben gestiegenen Baukosten waren es vor allem die Besucherzahlen, die negativ zu Buche schlugen. Die Stadtbad GmbH reagierte. Seit Anfang März gibt es in der Wasserwelt neue Tarife für Besucher, das Parken ist kostenfrei. In den knapp zwei Monaten seitdem sind die Besucherzahlen etwas gestiegen. „Die Wasserwelt ist relativ neu, es gibt noch keine Vergleichszahlen. Es lässt sich also noch nicht sagen, ob die steigenden Besucherzahlen auf die gesenkten Preise zurückzuführen sind“, konstatiert Jürgen Scharna.
Thema in der Ratssitzung
Die Grünen wollen in der nächsten Ratssitzung am Dienstag (5. Mai) den Antrag stellen, in der Weststadt ein neues Schulschwimmbad zu planen und zu errichten, das außerhalb der Schulzeiten auch von Vereinen und zu therapeutischen Zwecken genutzt werden kann.
„Während im Norden, Süden und Osten attraktive Angebote für Schwimmer jeden Alters existieren (werden), ist der Westen unserer Stadt diesbezüglich nach wie vor unterversorgt. Weder in der Weststadt noch im Westlichen Ringgebiet gibt es ein öffentliches Schwimmbad – auch kein reines Schulschwimmbecken (wie an der Otto-Bennemann-Schule und im Schulzentrum Heidberg). Dabei sind in diesen bevölkerungsreichen Stadtteilen viele gut besuchte Schulen angesiedelt“, heißt es in der Begründung.
Für die CDU ist der Antrag überflüssig, weil es keinen Bedarf für ein zusätzliches Schulschwimmbad gäbe. Die Argumentation der Christdemokraten deckt sich mit der von Stadtbad-Geschäftsführer Jürgen Scharna, wonach nur ein Drittel der angemeldeten Bahnstunden genutzt werde.
Die SPD will abwarten, wie sich der Schwimmflächenbedarf entwickelt, wenn das Badezentrum Gliesmarode wiedereröffnet ist. Die Sozialdemokraten plädieren für die Analyse des langfristigen Bedarfs an Schwimmflächen. Nur die Lage der Bäder als Begründung reiche nicht.
Die Bibs sieht das genau anders herum. Sie hält ein neues Konzept für erforderlich, das sich an der dezentralen Grundversorgung in den Stadtteilen orientiere. Die Linke fordert ebenfalls ein Bad im Westen, das aber auch für Freizeitschwimmer zugänglich sein sollte. Ebenfalls für ein neues Konzept sind die Piraten, die allerdings erst mal die Gründe wissen wollen, warum die angebotenen Bahnenzeiten von Schulen nicht voll ausgenutzt werden.