24. Dezember 2020
Buntes

Zum Nachwandern und Mitfühlen

Lutz Tantow begleitet in seinem aktuellen Buch alte Bekannte auf neuen Wegen

Lutz Tantow - immer unterwegs. Foto: privat

Braunschweig. Der Braunschweiger Lutz Tantow hat wieder ein Buch geschrieben. Es sind Geschichten über besondere Menschen und Figuren aus der Region. Zauberhafte Zeitreisen. Ein Gespräch mit dem Autor

19 Spaziergänge mit 19 Persönlichkeiten – wie kam es zu dieser Auswahl?
Am Anfang stand Raabe, der immer donnerstags in den 1870er Jahren mit den Kleidersellern nach Riddagshausen wanderte. Deren Spur bin ich hinterher und habe geschaut: Was gibt es noch von dem, was er damals sah? Was hat ihn dabei inspiriert? Das ist schon für das Buch für „Braunschweig zu Fuß“ entstanden, vor fast 30 Jahren – und immer wieder überarbeitet. Dann sah ich mich um: Wer war im Braunschweigischen sonst noch berühmt und unterwegs? Gauß, Gerstäcker, Lessing natürlich und vor allem Till Eulenspiegel. Ich lernte immer wieder Neues kennen und begann zu fabulieren.

Mir war vieles neu, ich musste beim Lesen immer wieder mal googeln nach Namen oder Ereignissen. Wie war das bei dir?
So ging es mir doch auch. Das war ja gerade das Vergnügen beim Schreiben: Man recherchiert, findet Zitate, legt sie quasi seinen Gesprächspartnern in den Mund und erdichtet die Frage dazu, findet Details und strickt eine Geschichte daraus. Das meiste sind historische Fakten, nur weniges ist erfunden. Und die Wege stimmen alle – man kann sie nachwandern. Ja, ich bin gerne unterwegs!

Du wechselst immer wieder mal die Erzählperspektive. Mal ist es der Mönch aus Walkenried, der über den Harz läuft, mal der Bibliothekssekretär von Lessing, der seinen Chef nach Hause stützt. Wie kam es dazu?
Bei der Münchhausen-Geschichte bin ich in die Rolle von Eulenspiegel geschlüpft, bei Tino Chevallier in Königslutter berichtet ein mechanisches Musikinstrument, und beim Tennisbaron Gottfried von Cramm ist der Erzähler ein jugendlicher Bewunderer aus Oelber am Weißen Wege. Gauß lasse ich für sich selber sprechen. In diesen Rollenspielen liegt ja gerade der Reiz des Schreibens – mit Max Frisch gesprochen: Ich probiere Geschichten an wie Kleider!

Das neue Buch von Lutz Tantow.

Für wen sind diese „Braunschweigischen Streifzüge“ geschrieben – wer ist der ideale Leser?
Das Buch kann Wanderführer sein, Heimatkundeatlas, Persönlichkeitslexikon, vor allem aber Lesebuch, denn die Stories sind interessant und unterhaltsam: Was die erste deutsche Schriftstellerin Roswitha von Gandersheim vor 1000 Jahren bewegte, zur Feder zu greifen, wie es Clemens aus Hornburg als Papst erging usw. Gerade gegenwärtig, wo man pandemiebedingt nur Urlaub vor der Haustür machen kann, ist so eine Lektüre womöglich inspirierend: Da möchte ich auch mal langgehen, sagen vielleicht viele. Es würde mich freuen! 800 000 Menschen leben im Braunschweiger Land – wenn ich nur ein Prozent davon überzeugen kann, die es möglicherweise verschenken, wäre ich froh und glücklich. Und der Verlag sicher auch.

Gibt es Fortsetzungen der Spaziergänge, mit Persönlichkeiten im Gepäck?
Im Corona-Jahr bin ich mit den Kleidersellern des 19. Jahrhunderts von Stadtoldendorf über Eschershausen und Amelungsborn eine Runde gelaufen, mit Heinrich Büssing von der elterlichen Schmiede in Nordsteimke nach Braunschweig, und gerade letzte Woche mit Werner Siemens von seinem Geburtsort Lenthe zwischen Hannover und dem Deister einmal um den Benther Berg … Es geht immer weiter und macht sehr viel Spaß!

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