15. Dezember 2017
Kultur

Zum Schluss müssen alle einen trinken

Schriftsteller Wladimir Kaminer liest in der Stadthalle und bringt uns die russische Seele näher.

Gut aufgelegt: Wladimir Kaminer signiert in der Pause seine Bücher. Foto: Fabian Schulze

Von Fabian Schulze, 16.12.2017.

Braunschweig. „Es gibt keine Berufe mehr, nur noch Beschäftigungen“, weiß Wladimir Kaminer. In seiner Lesung beschäftigte ihn am Donnerstagabend vor allem eines: „Der sorgfältige Umgang mit der russischen Geschichte.“ Die Gäste in der Stadthalle fanden die „Sorgfalt“, die er dann walten ließ, sehr witzig.

Der deutsch-russische Schriftsteller und Kolumnist ist ein Menschenfänger. Mit russischem Akzent platziert er gekonnt und sympathisch seine Pointen. „Wenn Russland seine Geschichte nicht schreibt, dann machen das Spinner wie ich“, sagt er und liest und erzählt im Wechsel – geht fast unbemerkt von einem Thema zum nächsten über, ohne den Faden zu verlieren. Häufig humoristisch und auch mal bierernst kommt er daher – aber sogar der Ernst macht dem Publikum Spaß.
1,3 Millionen mal wurde allein Kaminers Buch „Russendisko“ verkauft. Seine Stimme hat Gewicht. Seit fast dreißig Jahren lebt er in Berlin und blickt aus der Ferne auf Russland. Als „fast kundiger Experte“ erzählt er den Deutschen: „Russland ist Weltmeister in Selbstvergessenheit. Sie werfen ein rotes Tuch über ihre blutige Geschichte und verbieten dann, an diesem Tuch zu ziehen.“
Doch auch über Putin lässt sich lachen. Als Souvenir gäbe es in Russland Putin-Schokolade. Bitteren Putin, süßen Putin und Putin mit Nüssen. „Nehmen Sie ihn mit, sonst geht er nie.“ So angespannt das deutsch-russische Verhältnis aktuell ist, so dankbar und gelöst lacht das Publikum im Saal. Zum Abschied muss er natürlich einen Wodka trinken (oder war es Wasser?), denn das ist in Russland so üblich, erfahren wir: „Auf ein sonniges, solidarisches Leben in Europa. Mit Russland als Freund.“ Zum Wohle.

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